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Testierwille bei Testament auf "Brauereizettel" mit der Formulierung "kriegt alles"
(OLG Oldenburg, Beschluss vom 20.12.2023 – AZ: 3 Wx 96/23 – ZErb 2024, 304 – 307)
Leitsatz
- Der Testierwille grenzt das Testament von Entwürfen, der bloßen Ankündigung der Errichtung eines Testaments oder sonstigen Schriftstücken, die keine letztwilligen Verfügungen darstellen sollen, ab. Demnach muss außer Zweifel stehen, dass der Erblasser die von ihm erstellte Urkunde als rechtsverbindliche letztwillige Verfügung angesehen hat oder zumindest das Bewusstsein hatte, die Urkunde könne als Testament angesehen werden.
- Allein der Umstand, dass das formgültige Schriftstück sich auf einer ungewöhnlichen Unterlage befindet, lässt nicht den zwingenden Schluss zu, dass es sich bei dem Schriftstück nur um einen Entwurf handelt oder keine verbindliche letztwillige Verfügung darstellt.
- Ein Notizzettel einer Brauerei, auf dem üblicherweise Bestellungen in der Gastronomie notiert werden, mit dem vom Erblasser eigenhändig ge- und unterschriebenen Satz "… kriegt alles" ist demnach ein wirksames Testament zugunsten der Lebensgefährtin.
Sachverhalt
Die Beteiligte zu 1) beantragt die Erteilung eines Erbscheins nach dem im Jahre 2022 verstorbenen Erblasser aufgrund testamentarischer Erbfolge. Sie war die Partnerin des Erblassers. Dieser war nicht verheiratet und hatte keine Nachkommen. Seine Eltern und seine einzige Schwester sind vorverstorben. Die Schwester des Erblassers hatte vier Kinder, die Beteiligten zu 2) bis 5).
Die Beteiligte zu 1) und der Erblasser kannten sich seit 1985. Die Beteiligte zu 1) führte damals ein Lokal, der Erblasser betrieb Landwirtschaft. Im Laufe der Zeit entwickelte sich eine Partnerschaft, wobei beide bis zum Tod des Erblassers keine gemeinsame Wohnung bewohnten. Im Jahre 1994 erwarb der Erblasser das Lokal und führte es fortan weiter. Die Beteiligte zu 1) war weiterhin in dem Lokal tätig.
Zu seiner 2020 verstorbenen Schwester und deren Kindern hatte der Erblasser zuletzt nur selten Kontakt.
Nach dem Tod des Erblassers legte die Beteiligte zu 1) einen Notizzettel der Brauerei vor, auf dem grundsätzlich Bestellungen in der Gastronomie notiert werden. Darauf heißt es:
"BB kriegt alles AA 04.12.2022"
Die Beteiligte zu 1) meint, dass es sich bei dem Zettel um das vom Erblasser selbst und mit Testierwillen handschriftlich verfasste Testament handelt. Sie habe es am 06.01.2023 im Gastraum hinter der Theke gefunden, an dem der Erblasser auch nicht bezahlte Rechnungen verwahrt habe. Die Beteiligte zu 1) heißt mit Vornamen BB. So habe sie der Erblasser zu Lebzeiten auch immer genannt. Eine andere BB habe er nicht gekannt.
Die Beteiligten zu 2) bis 5) sind der Auffassung, sie seien die gesetzlichen Erben geworden. Die Handschrift auf dem Zettel sei nicht die des Erblassers. Auch sei nicht ausreichend sicher, dass es sich bei der Beteiligten zu 1) um "BB" handele. Auch könne nicht festgestellt werden, dass es sich bei dem Zettel tatsächlich um ein Testament handele und dass der Zettel mit einem Testierwillen verfasst worden sei.
Das Nachlassgericht hat mit Beschluss vom 30.08.2023 die Erteilung eines Erbscheins angekündigt, wonach die Beteiligten zu 2) bis 5) Miterben nach dem Erblasser geworden seien. Denn es greife die gesetzliche Erbfolge. Der auf den 04.12.2022 datierte Zettel stelle hingegen kein wirksames Testament dar. Ein Testierwillen des Erblassers sei nicht feststellbar. Auch könne nicht festgestellt werden, ob die Beteiligte zu 1) mit "BB" wirklich gemeint war.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Beteiligten zu 1). Zur Begründung trägt sie ergänzend vor, hinsichtlich der Wortwahl auf dem in Rede stehenden Zettel müsse berücksichtigt werden, dass der Erblasser keinen hohen Bildungsgrad erworben habe. Das Abfassen von Briefen und Schreiben habe ihm nicht gelegen. Auch habe der Erblasser sie am Nachmittag des 04.12.2022, einem Sonntag, als sie erkrankt gewesen sei, zu Hause besucht. Dabei habe er den Wunsch geäußert, sie solle ihn beerben. Hierauf habe die anwesende Zeugin GG ihm gesagt, dass er dies dann aber auch aufschreiben müsse.
Entscheidungsgründe des OLG Oldenburg
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg und führt zur Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung sowie zur Feststellung der zur Erteilung des von der Antragstellerin beantragten Erbscheins erforderlichen Tatsachen. Das Nachlassgericht ist anzuweisen, den von der Beteiligten zu 1) beantragten Erbschein zu erteilen.
Denn bei dem auf den 04.12.2022 datierten Schreiben handelt es sich um ein wirksam errichtetes Testament, welches der Erblasser eigenhändig und mit Testierwillen errichtete und mit welchem die Beteiligte zu 1) ausreichend bestimmt zur Alleinerbin eingesetzt wurde.
Der Senat ist davon überzeugt, dass die auf den 04.12.2022 datierte Verfügung vom Erblasser stammt und nicht etwa eine Unaufklärbarkeit der Echtheit vorliegt. Im Rahmen eines vom Senat vorgenommenen Vergleichs des im Original vorliegenden Zettels mit den von den Beteiligten vorgelegten Vergleichsproben, die allesamt unstreitig vom Erblasser verfasst wurden, bestehen keine Zweifel daran, dass der Erblasser die Verfügung selbst verfasst hat...
Für die Echtheit spricht im konkreten Falle auch die Verwendung eines Bestellzettels einer Brauerei sowie die konkrete und von der Beteiligten zu 1) glaubhaft geschilderte Auffinde- stelle. Der Erblasser war jahrelang in der Gastronomie tätig, kümmerte sich jedoch kaum um Schriftverkehr und Ähnliches. Daher ist es nicht fernliegend, dass er einen von ihm üblicherweise verwendeten Bestellzettel nutzte, um auf einem solchen auch bedeutsame Angelegenheiten wie seine letztwillige Verfügung niederzulegen. Nach den Angaben der Beteiligten zu 1) nutzte der Erblasser auch den Bereich hinter dem Tresen im Schrankraum, wo der Zettel gefunden wurde, um dort für ihn bedeutsame Unterlagen wie nicht gezahlte Deckel aufzubewahren. Er habe diesen Bereich nicht nur als Arbeitsraum genutzt, sondern dort auch häufig gesessen, wenn keine Gäste zugegen waren oder die Gaststätte geschlossen war. Daher ist nachvollziehbar, dass der Erblasser auch für ihn gewichtige private Unterlagen dort abgelegte.
Der Zettel erfüllt die Mindestvoraussetzungen eines eigenhändigen Testaments (eigenhändige Abfassung und Unterschrift).
Die Beteiligte zu 1) wurde in dem Schriftstück ausreichend bestimmt bezeichnet. Sofern ein Erbe nicht eindeutig bezeichnet wurde, ist im Wege der Auslegung zu ermitteln, wen der Erblasser konkret einsetzen wollte. Nach Anhörung aller Beteiligten und Vernehmung der Zeugin GG ist der Senat davon überzeugt, dass der Erblasser die Beteiligte zu 1) mit der von ihm verwandten Abkürzung "BB" meinte. Denn sie heißt mit Vornamen BB und wurden von dem Erblasser in den letzten 30 Jahren durchgehend als BB bezeichnet, wie sogar die Beteiligten zu 2) bis 5) bestätigt haben, die sie ebenfalls BB nennen. Eine weitere dem Erblasser benannte Person, die BB heißt, konnten die Beteiligten im Übrigen auch nicht benennen.
Der Erblasser hat das Schriftstück vom 04.12.2022 auch mit einem ausreichenden Testierwillen verfasst. Allein der Umstand, dass das Schriftstück sich auf einer ungewöhnlichen Unterlage befindet (z. B. Notizzettel, Briefumschlag), lässt nicht den zwingenden Schluss zu, dass es sich bei dem Schriftstück nur um einen Entwurf handele oder dass es keine verbindliche letztwillige Verfügung darstelle. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme und der persönlichen Anhörung der Beteiligten zu 1) ist der Senat davon überzeugt, dass der Erblasser das Schriftstück mit Testierwillen errichtete. Insofern bekundete die Zeugin GG nachvollziehbar, dass sie am Nachmittag des 04.12.2022 in der Wohnung der Beteiligten zu 1) auf diese und den Erblasser gestoßen ist und mit beiden einen Tee trank. In diesem Zusammenhang habe sich der Erblasser zum wiederholten Male Gedanken dazu gemacht, wie es mit ihm im Falle der Gebrechlichkeit weitergehen solle und wer sein Erbe werden solle. Er habe gewollt, dass die Beteiligte zu 1) alles erhalte. Hierauf habe sie, die Zeugin, dem Erblasser gesagt, dass er dies dann aufschreiben müsse.
Bei Bewertung der Glaubwürdigkeit der Zeugin lässt der Senat nicht außer acht, dass diese die Tochter der Beteiligten zu 1) ist und ein gutes Verhältnis zu ihr hat. Beide wohnen in einem Gebäude. Für die Glaubwürdigkeit der Zeugin spricht insbesondere, dass sie ihre Angaben machte, ohne dass der Eindruck entstand, dass sie dies in dem Bestreben tat, der Beteiligten zu 1) einen Vorteil zu verschaffen. Auch machte sie deutlich, wozu sie keine Angaben machen könne und in welchen Belangen sie sich unsicher sei. Besonders plastisch hat die Zeugin auch die Reaktion des Erblassers auf das Gespräch beschrieben. Er habe zunächst nichts mehr gesagt, man habe quasi von außen sehen können, wie er über das Gesprochene nachdachte.
Daher ist der Senat davon überzeugt, dass der Erblasser anschließend das Schreiben aufsetzte, wonach BB alles bekommen solle. Der Erblasser legte generell wenig Wert auf Schriftwechsel und Ähnliches, sodass es nicht fernliegend ist, dass er für die Abfassung seines letzten Willens einen Zettel nutzte, welcher für ihn direkt greifbar war. Auch die Verwahrung hinter dem Tresen bei den nicht gezahlten Rechnungen spricht nicht gegen die Annahme des Testierwillens. Dort legte der Erblasser, wie bereits dargelegt, die für ihn wichtigen Schriftstücke ab, sodass es aus seiner individuellen Sicht naheliegend war, auch ein Testament dort abzulegen.
2)
Anforderungen an die Wirksamkeit eines handschriftlich errichteten Testaments
(OLG München, Beschluss vom 23.07.2024 – AZ: 33 Wx 329/23 -)
Leitsatz
- Ein handschriftliches Testament ist formunwirksam, wenn der Bedachte durch einen maschinenschriftlichen Adressaufkleber (hier: Auf einem Briefumschlag) benannt werden soll. Das Schriftformerfordernis für eigenhändige Testamente stellt eine grundsätzliche Wirksamkeitsvoraussetzung dar, von der auch im Einzelfall nicht abgewichen werden kann.
- Eine Verfügung von Todes wegen ist auch dann formunwirksam, wenn die Zuwendung dergestalt erfolgen soll, dass zur Person des Bedachten nur ein Symbol (hier: Pfeil) weist, denn bei Symbolen handelt es sich nicht um eine Schrift, die auf ihre Eigenhändigkeit hin untersucht werden könnte.
Sachverhalt
Die ledige Erblasserin ist im Jahre 2022 kinderlos verstorben. Der Beschwerdeführer begehrt die Erteilung eines ihn als Alleinerben ausweisenden Erbscheins. Dafür beruft er sich auf ein Schriftstück, das von der Erblasserin herrühren soll.
Bei dem Schriftstück handelt es sich um die Vorderseite eines Fensterbriefumschlages im Format 21 cm x 11 cm. Oberhalb des Fensters befindet sich das Wort [Nachname der Erblasserin], das vom Beschwerdeführer auf das Briefkuvert geschrieben worden ist. In der Mitte bzw. am rechten Rand befindet sich folgender Text bzw. folgendes Symbol:
"Familie F. Liebe Grüße !!!
Internet alles löschen
Seelenmess!
Rechter Schrank
Schw. Kleid
Schultertuch
Gab: 2´.
Rest Dir."
Neben den letzten beiden Zeilen in der rechten unteren Ecke des Briefkuverts befindet sich ein Adressaufkleber des Beschwerdeführers. Zwischen den Wörtern „Rest Dir" und dem Adressaufkleber befindet sich ein Pfeil, der auf den Namen des Beschwerdeführers weist. Die (vermeintliche) Unterschrift der Erblasserin befindet sich oberhalb dieses Adressaufklebers neben dem Wort "Schultertuch".
Der Beschwerdeführer behauptet, alle übrigen Wörter und Schriftzeichen, auch der Pfeil zu dem Adressfeld seien von der Erblasserin selbst gefertigt worden.
Das Nachlassgericht hat den Erbscheinsantrag durch Beschluss zurückgewiesen. Es stützte sich darauf, dass das Formerfordernis des § 2247 Abs. 1 BGB nicht gewahrt und ein Testierwille nicht ersichtlich sei.
Dagegen richtet sich die Beschwerde.
Entscheidungsgründe des OLG München
Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg. Der Senat teilt die Ansicht des Nachlassgerichts, dass das verfahrensgegenständliche Schriftstück keine formwirksame Verfügung von Todes wegen darstellt.
Nach § 2247 Abs. 1 BGB kann der Erblasser ein Testament durch eine eigenhändig geschriebene und unterschriebene Erklärung errichten. Zweck dieses Schriftformerfordernisses ist es insbesondere, den wirklichen Willen des Erblassers zur Geltung kommen zu lassen, indem es die Selbstständigkeit dieses Willens nach Möglichkeit verbürgt und die Echtheit seiner Erklärungen soweit wie möglich sicherstellen soll. Diese Voraussetzungen des eigenhändig geschriebenen Testaments sind eng auszulegen.
Die Unterschrift soll das Testament räumlich abschließen, um spätere Zusätze auszuschließen. Sie ist zwingendes Gültigkeitserfordernis, von dem aus Gründen der Rechtssicherheit nicht abgegangen werden kann. Nur die Unterschrift gibt die Gewähr für den Abschluss des Testaments durch den Erblasser, sie hat grundsätzlich am Schluss der Urkunde zu erfolgen.
Nach diesen Grundsätzen kann das vorliegende Schriftstück nicht als formwirksame Verfügung von Todes wegen angesehen werden. Weder wurde es von der Erblasserin durchgängig handschriftlich verfasst noch weist es eine Unterschrift auf.
Bei dem auf dem Schriftstück angebrachten Pfeil handelt es sich um ein Symbol und damit nicht um Schrift. Hinsichtlich des Pfeils ist eine Überprüfung der Urheberschaft von vornherein ausgeschlossen.
Zwar kann im vorliegenden Fall dahinstehen, dass es nur schwer vorstellbar erscheint, dass der Pfeil von einer anderen Person als von der Erblasserin selbst stammt. Da es bei der Frage der Formwirksamkeit eines Testaments um grundsätzliche Wirksamkeitsvoraussetzungen geht, kann es jedoch hierauf nicht ankommen. Aufgrund der von der Erblasserin gewählten Gestaltung, also der Kombination aus handschriftlichen Worten einerseits – die für sich allein genommen keine auslegbare letztwillige Verfügung darstellen – und einem Pfeil, d. h. einem Symbol andererseits, mangelt es bereits an der grundsätzlichen Funktion der Sicherstellung der Echtheit der Erklärung. Eine Überprüfung der Echtheit kann hinsichtlich des angebrachten Pfeils grundsätzlich nicht erfolgen, da dieser ohne eine Möglichkeit der Nachprüfung – z. B. durch Schriftsachverständigengutachten – abgeändert oder angebracht worden sein kann.
Auch der Adressaufkleber, auf dem sich Name und Anschrift des Beschwerdeführers befinden, wahrt nicht die Form des § 2247 Abs. 1 BGB. Ohne den nicht handschriftlichen Teil liegt auch keine aus sich heraus verständliche Verfügung von Todes wegen vor. Vielmehr bedürfte es gerade des Adressaufklebers, um überhaupt zu einer Erbeinsetzung und dann zu einer solchen des Beschwerdeführers zu gelangen. Eine Verfügung von Todes wegen, die insoweit nicht der gesetzlichen Form entspricht, ist gemäß § 125 Abs. 1 BGB nichtig.
Schließlich fehlt es auch an einer eigenhändigen Unterschrift der Erblasserin. Selbst wenn man davon ausginge, dass es sich bei dem Schriftzug oberhalb des Aufklebers um die "Unterschrift" der Erblasserin handeln würde, handelt es sich im vorliegenden Fall gerade nicht um eine Unterschrift, da der Schriftzug das Schriftstück räumlich nicht abschließt. Die Erblasserin hätte eine Unterschrift ohne weiteres auf dem freien Raum neben der Anschrift des Erblassers auf dem Aufkleber und damit unterhalb seines Namens anbringen können. Nur auf diese Weise wäre sichergestellt gewesen, dass die Person des Zuwendungsempfängers von der Unterschrift gedeckt ist.
3)
Anforderungen an die Wirksamkeit eines handschriftlich errichteten Testaments
(OLG München, Beschluss vom 09.08.2024 – AZ: 33 Wx 115/24 -)
Leitsatz
- Befindet sich der Namenszug des Erblassers neben dem übrigen Text, obwohl unterhalb des Textes ausreichend Raum für eine Unterschrift wäre, stellt dieser Namenszug keine Unterschrift gemäß den Anforderungen zur Errichtung eigenhändiger Testamente dar.
- Kann erst unter Zuhilfenahme des formunwirksamen Teils einer Verfügung (hier: Überschrift "Last will") der Schluss gezogen werden, dass es sich um eine Verfügung von Todes wegen handeln soll, lässt sich ein Testierwille daraus nicht ableiten.
Sachverhalt
Der geschiedene Erblasser war britischer Staatsangehöriger und lebte in Deutschland. Er ist im März 2023 in Deutschland verstorben. Der Beschwerdeführer ist sein Sohn, die Beteiligten zu 1) bis 6) sind seine Angehörigen.
Nach dem Tod des Erblassers wurde durch die Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 1) bis 6) beim Nachlassgericht ein Schriftstück im Format A4 abgeliefert, bei dem es sich um das Testament des Erblassers handeln soll. Der Text befindet sich dabei allein in der oberen Blatthälfte, die untere Blatthälfte ist leer. Das Schriftstück hat folgenden Inhalt:
[Maschinenschriftlich] "LAST WILL AND TESTAMENT for [Name des Erblassers]
[Handschriftlich]:
Name [= B 2] 40 %
Name [= Beschwerdeführer] 25 %
Name [= B 4] 10 %
Name [= B 3] 10 % [Erblasser]
Name [= B 1) 5 % [Ort] 7 pm
Name [= B 6] 5 % TT MM 2022
Name [= B 5] 5 %“
Gestützt auf diesem Schriftstück beantragte der Beteiligte zu 1) mit notarieller Urkunde vom 25.03.2023 die Erteilung eines Europäischen Nachlasszeugnisses, das die Beteiligten zu 1) bis 6) entsprechend den im oben genannten Schriftstück ausgewiesenen Prozentsätzen als Miterben ausweist.
Dem ist der Beschwerdeführer entgegengetreten und hat seinerseits mit notarieller Urkunde einen Antrag auf Erteilung eines Europäischen Nachlasszeugnisses gestellt, das ihn aufgrund gesetzlicher Erbfolge als Alleinerben ausweist.
Das Nachlassgericht hat mit Beschluss die Erteilung des von dem Beteiligten zu 1) beantragten Europäischen Nachlasszeugnisses angekündigt und den Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Europäischen Nachlasszeugnisses zurückgewiesen. Der vom Beschwerdeführer eingelegten Beschwerde hat es nicht abgeholfen.
Entscheidungsgründe des OLG München
Die zulässige Beschwerde hat Erfolg. Der Beschluss des Nachlassgerichts war aufzuheben, soweit die Erteilung eines Europäischen Nachlasszeugnisses zugunsten des Beteiligten zu 1) angekündigt worden und der Antrag des Beschwerdeführers zurückgewiesen worden ist. Insoweit war das Nachlassgericht anzuweisen, das vom Beschwerdeführer beantragte Europäische Nachlasszeugnis zu erteilen.
Denn es ist die gesetzliche Erbfolge eingetreten, da eine wirksame Verfügung von Todes wegen nicht vorliegt. Daher ist der Antrag des Beschwerdeführers als Sohn des Erblassers auf Erteilung eines Europäischen Nachlasszeugnisses begründet.
Bei dem vom Beteiligten zu 1) vorgelegten Schriftstück handelt es sich nicht um ein formgültiges Testament im Sinne des § 2247 Abs. 1 BGB. Insoweit mangelt es bereits an der erforderlichen Unterschrift.
Eine Unterschrift ist der räumliche Abschluss einer Urkunde. Sie soll sicherstellen, dass keine späteren Zusätze vorgenommen werden. Sie ist bei der Errichtung eines privatschriftlichen Testaments zwingendes Gültigkeitserfordernis, von dem aus Gründen der Rechtssicherheit nicht abgewichen werden kann. Sie hat grundsätzlich am Schluss der Urkunde zu erfolgen.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze handelt es sich bei dem Namenszug rechts neben der Auflistung der einzelnen Namen nicht um eine Unterschrift i. S. d. § 2247 Abs. 1 BGB. Der Schriftzug befindet sich nämlich auf halber Höhe neben dem Text, ohne dass dafür Gründe, etwa ein Platzmangel, ersichtlich wären. Einen wie auch immer gearteten Abschluss der Erklärung stellt der Schriftzug des Erblassers an dieser Stelle somit nicht dar.
Die – unterstellt – letztwillige Verfügung ist auch nicht nach englischem Recht gültig. Zwar ist nach dem Haager Testamentsformabkommen eine Verfügung von Todes wegen hinsichtlich ihrer Form gültig, wenn sie den Formerfordernissen des Staates entspricht, in dem der Erblasser entweder letztwillig verfügt hat oder dem er im Zeitpunkt seines Todes angehörte. Hier liegen aber auch die Voraussetzungen nach englischem Recht nicht vor, denn es fehlt jedenfalls die nach englischem Recht erforderliche gleichzeitige Anwesenheit von zwei Zeugen bei der Errichtung, die dies durch ihre Unterschriften bestätigen.
Darüber hinaus lässt sich hinsichtlich des Schriftstücks auch kein Testierwille feststellen. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass sich das Schriftstück aus einem handschriftlichen und einem maschinenschriftlichen Teil zusammensetzt. Der handschriftliche Teil erschöpft sich in einer Namensliste und dahinter vermerkten Prozentangaben. Ohne die maschinenschriftliche Überschrift lässt sich dieser Liste nicht entnehmen, dass der Erblasser damit von Todes wegen einen oder mehrere Rechtsnachfolger in wirtschaftlicher Hinsicht bestimmen wollte. Hintergrund einer solchen Liste könnte jeder beliebige Umstand sein, der eine Aufteilung zwischen mehreren Personen erfordert. Ohne die Überschrift ist aus der Liste selbst ein Testierwille nicht einmal ansatzweise zu erkennen.
Etwas anderes mag gelten, wenn man die Überschrift hinzunimmt. Dies ist aber deshalb nicht möglich, weil diese maschinenschriftliche Überschrift nicht den Formerfordernissen des § 2247 Abs. 1 BGB entspricht, weil sie nicht handschriftlich abgefasst ist.
Im vorliegenden Fall fehlt es auch daran, dass der handschriftlich verfasste Teil ohne den maschinenschriftlichen Teil als selbstständige Verfügung einen abgeschlossenen Sinn ergibt. Kann aber überhaupt erst unter Zuhilfenahme des formunwirksamen Teils einer Verfügung der Schluss gezogen werden, dass es sich um eine Verfügung von Todes wegen handeln soll, ist ein Testierwille anhand der Urkunde nicht feststellbar.
Auch außerhalb der Urkunde liegende Umstände erlauben keinen Rückschluss auf einen Testierwillen des Erblassers. Wenn sich nämlich aus dem formwirksamen Teil der Urkunde keinerlei Anhaltspunkte für einen Testierwillen ergeben, können außerhalb der Urkunde liegende Umstände darüber nicht hinweghelfen.
Für Fragen auf dem Gebiet des Erbrechts steht Ihnen Herr Rechtsanwalt Justizrat Dr. Manfred Birkenheier, Fachanwalt für Erbrecht, gerne zur Verfügung.