Das Arbeitsgericht Dessau-Roßlau musste die Frage klären, ob das Arbeitsverhältnis mit einem Arbeitnehmer, der den Geschäftsführer und einen Meister wegen eines Verstoßes gegen die Quarantänevorschriften bei der Polizei angezeigt hatte, fristlos gekündigt werden konnte.
Das Arbeitsgericht war der Auffassung, dass die Strafanzeige eines Arbeitnehmers gegen seinen Arbeitgeber einen wichtigen Grund für eine Kündigung darstellen könne. Entscheidend sei, aus welcher Motivation die Anzeige erfolgte und ob die Anzeige letztlich als eine unverhältnismäßige Reaktion des Arbeitnehmers auf das Verhalten des Arbeitgebers angesehen werden könne. Als Indizien für die Unverhältnismäßigkeit können sowohl die fehlende Berechtigung der Anzeige, die Motivation des Anzeigenden oder ein fehlender innerbetrieblicher Hinweis auf die angezeigten Missstände sprechen. Ist Anlass der Anzeige ein innerbetrieblicher Missstand, muss der Arbeitnehmer aufgrund seiner Pflicht zur Rücksichtnahme gem. § 241 Abs. 2 BGB vor der Einschaltung betriebsinterner Stellen grundsätzlich den Versuch einer innerbetrieblichen Bereinigung des Missstandes unternehmen.
In dem konkreten Fall war das Arbeitsgericht der Auffassung, dass der Arbeitnehmer seine vertraglichen Pflichten durch die Anzeige wegen des Verstoßes des Geschäftsführers und des Meisters gegen die Quarantänemaßnahmen nicht in einem kündigungsrechtlich relevanten Ausmaß verletzt habe. Die Reaktion des Klägers sei auch nicht unverhältnismäßig gewesen und würde daher den Ausspruch einer fristlosen Kündigung nicht rechtfertigen.