Mit dem zitierten Urteil hat der BGH seine durch Urteil vom 25.09.2015 (Az. V ZR 146/14) entwickelte Rechtsprechung aufgegeben, dass ein Wohnungseigentümer der eigenmächtig Gemeinschaftseigentum instand setzt, Anspruch auf Erstattung der Kosten hat, wenn die Maßnahme ohnehin hätte durchgeführt werden müssen.
Zum Verständnis der Rechtsprechung ist zunächst die Unterscheidung zwischen Sondereigentum und Gemeinschaftseigentum wesentlich. Was zum Gemeinschaftseigentum gehört ist gesetzlich in § 1 Abs. 5 und § 5 Abs. 1 WEG geregelt. Vereinfacht kann man sagen, dass alle Teile des Gebäudes, die für den Bestand und die Sicherheit notwendig sind sowie Teile die die Gestaltung der Immobilie prägen und solche Anlagen die alle Bewohner gemeinsam nutzen, zum Gemeinschaftseigentum gehören.
Gemäß § 21 Abs. 5 Ziffer 2 WEG obliegt die Instandhaltung und Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums, anders als die des Sondereigentums, der Wohnungseigentümergemeinschaft und damit nicht dem einzelnen Eigentümer. Der rechtliche Ablauf ist, dass zuerst die Gemeinschaft einen Beschluss über die Durchführung einer Maßnahme trifft. Der Beschluss muss formell wirksam sein und ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen. Trifft dies zu, vollzieht der Verwalter den Beschluss, in dem er die entsprechenden Arbeiten in Auftrag gibt.
In dem Urteil aus 2015 hatte der BGH die Frage zu klären, ob der einzelne Eigentümer, der –ohne hierzu ermächtigt zu sein – Sanierungen am Gemeinschaftseigentum durchführen lässt, einen Anspruch auf Erstattung der aufgewandten Kosten hat. In der Entscheidung aus 2015 hatte der BGH diesen Anspruch als bereicherungsrechtliche Forderung bejaht, wenn das grundsätzlich bestehende Ermessen der Gemeinschaft bei der Entscheidung über die Instandsetzung oder Instandhaltung auf null reduziert wäre. Diese Voraussetzung läge vor, wenn die eigenmächtige Maßnahme des Wohnungseigentümers ohnehin hätte beschlossen oder vorgenommen werden müssen.
Diese Rechtsprechung hat der BGH in dem Urteil vom 14.06.2019 nun ausdrücklich aufgegeben. Eine Kostenerstattung des eigenmächtig handelnden Eigentümers kommt auch dann nicht mehr in Betracht, wenn die durchgeführte Maßnahme ohnehin hätte vorgenommen werden müssen. Grund ist, dass die Gemeinschaft im Rahmen der ordnungsgemäßen Verwaltung Gestaltungsspielraum hat. Insbesondere besteht ein Recht, Kosten und Nutzen von Maßnahmen gegeneinander abzuwägen und nicht zwingend erforderliche Maßnahmen gegebenenfalls zurückzustellen. Weiterer Grund sind Abgrenzungs- und Beweisschwierigkeiten, da ein Anspruch auf Durchführung einer Instandsetzungsmaßnahme voraussetzt, dass nur ein ganz bestimmtes sofortiges Vorgehen im Rahmen der ordnungsgemäßen Verwaltung zulässig ist. Dies ist nach Durchführung von Maßnahmen nur schwer nachweisbar und beweisbar.
Zudem sollen nicht die Instrumentarien des WEG-Rechts, insbesondere der Notgeschäftsführung, umgangen werden. Sieht der einzelne Eigentümer eine Maßnahme als erforderlich an, kann er eine Beschlussfassung der Eigentümer über die Durchführung herbeiführen. Findet die Maßnahme nicht die erforderliche Mehrheit, kann eine Beschlussersetzungsklage erhoben werden, bei dringenden Maßnahmen kommt auch eine einstweilige Verfügung in Betracht.
Es gilt daher der Vorrang der spezialgesetzlichen Regelungen des WEG-Rechts vor den Grundsätzen und Anspruchsgrundlagen des BGB, der die Gemeinschaft davor schützen soll vor vollendete Tatsachen gestellt zu werden.
TIPP: Im WEG-Recht steckt der „Teufel im Detail“. Neben den gesetzlichen Vorschriften ist auch die Teilungserklärung genau zu prüfen. Sollten Sie als Wohnungseigentümer eine Sanierung in Betracht ziehen, empfehlen wir Ihnen sich anwaltlich beraten zu lassen. Vor allem auch, wenn die Gemeinschaft sich weigert eine aus Ihrer Sicht erforderliche Maßnahme durchführen zu lassen.
Für ergänzende Erläuterungen steht Ihnen Frau Rechtsanwältin Lisa-Kathrin Held gerne zur Verfügung.