Sachverhalt
Die Klägerin macht gegen den von ihr verklagten Testamentsvollstrecker im Wege der Stufenklage einen Pflichtteilsanspruch geltend.
Die im Jahre 1951 geborene Klägerin ist die nichteheliche Tochter des bereits im November 1977 verstorbenen Erblassers. Die Vaterschaft des Erblassers wurde erst durch Beschluss des Amtsgerichts Krefeld vom 29.09.2014, der seit dem 04.11.2014 rechtskräftig ist, festgestellt. Außer der Klägerin hatte der Erblasser keine weiteren Abkömmlinge. Seine Ehefrau hat er durch Testament zu Alleinerben eingesetzt. Die Ehefrau ist im Jahre 2012 verstorben. Sie hatte mit notariellem Testament eine bis dahin nicht existente Stiftung von Todes wegen zu ihrer alleinigen Erbin eingesetzt.
Der verklagte Testamentsvollstrecker erhebt die Einrede der Verjährung. Das Landgericht hat die Verjährung bejaht und deshalb die Stufenklage insgesamt abgewiesen. Es hat ausgeführt, dass zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers im Jahre 1977 noch die Vorschrift des § 1934a BGB gegolten habe, wonach dem nichtehelichen Kind neben ehelichen Abkömmlingen oder dem Ehegatten des Vaters ein Erbersatzanspruch in Höhe des Erbteils zugestanden habe. Gemäß § 1934b BGB verjähre dieser Anspruch kenntnisunabhängig spätestens 30 Jahre nach dem Eintritt des Erbfalles.
Mit ihrer Berufung macht die Klägerin geltend, sie werde bei Anwendung des § 1934b BGB in Verbindung mit § 199 Abs. 3a BGB in ihren Grundrechten beeinträchtigt. Die Klageabweisung stelle einen unverhältnismäßigen und nicht gerechtfertigten Eingriff in ihr grundrechtlich durch Art. 14 GG und Art. 6 GG geschütztes Erbrecht dar, das auch ihren Pflichtteilsanspruch umfasse. Darüber hinaus liege ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz vor, ebenso gegen Art. 14 der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten..
Entscheidungsgründe des OLG Düsseldorf
Die Klage ist unbegründet. Der Klägerin steht kein Pflichtteilsanspruch zu, da dieser Anspruch gemäß § 2332 Absatz 1 Alternative 2 BGB in der vom 02.01.2002 bis 31.12.2009 geltenden Fassung verjährt ist. Der Pflichtteilsanspruch der Klägerin war bereits bei Eingang der Klageschrift bei Gericht verjährt.
Der Eintritt der Verjährung richtet sich vorliegend gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB in Verbindung mit Art. 229 § 23 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 EGBGB nach der Regelung des § 2332 Abs. 1 BGB in der bis zum 31.12.2009 geltenden Fassung. Danach verjährt der Pflichtteilsanspruch ohne Rücksicht auf die Kenntnis vom Erbfall in 30 Jahren von dem Eintritt des Erbfalles an. Danach trat vorliegend die kenntnisunabhängige Verjährung des Pflichtteilsanspruchs mit Ablauf des 08.11.2007 ein. Die vom Landgericht der Entscheidung zugrunde gelegte Regelung des § 1934b Abs. 2 Satz 2 BGB a.F. ist nicht einschlägig. Das folgt gem. § 1934a Abs. 1 BGB a.F. bereits daraus, dass die Regelungen über den Erbersatzanspruch des nichtehelichen Kindes voraussetzen, dass gesetzliche Erbfolge eingetreten ist, was vorliegend nicht der Fall war.
Die Rechtsausübungssperre des § 1600d Absatz 4 BGB führt im vorliegenden Fall nicht dazu, den Beginn der Verjährungsfrist in objektiver Hinsicht zeitlich bis zur rechtskräftigen Feststellung der Vaterschaft des Erblassers hinauszuschieben. Nach § 1600d Absatz 4 BGB können die Rechtswirkungen der Vaterschaft zwar erst vom Zeitpunkt ihrer gerichtlichen Feststellung an geltend gemacht werden. Richtig ist es deshalb, dass es der Klägerin aufgrund der Regelung des § 1600d Abs. 4 BGB erst mit rechtskräftiger Feststellung ihrer Abstammung vom Erblasser möglich war, ihren Pflichtteilsanspruch geltend zu machen. Die Vorschrift hindert daher nach verbreiteter Auffassung die Entstehung des Anspruchs.
Die Verjährungsvorschrift des § 2332 Abs. 1 BGB alte Fassung stellte demgegenüber aber nach ihrem ausdrücklichen Wortlaut hinsichtlich des Beginns der dreißigjährigen Verjährungsfrist allein auf den objektiven Umstand des Erbfalls ab und nicht auf den der Entstehung des Anspruchs oder eine subjektive Kenntnis des Gläubigers. Die Regelung ist eindeutig. Es lässt sich dem § 2332 BGB a.F. in keiner Weise entnehmen, dass es in Fällen, in denen zunächst die Vaterschaft festgestellt werden muss, für den Beginn der Verjährungsfrist des Pflichtteilsanspruchs nicht auf den Eintritt des Erbfalles ankommen soll.
Auch die Voraussetzungen einer Hemmung der Verjährungsfrist sind nicht gegeben (wird ausgeführt).
Das Verfahren ist auch nicht gemäß Art. 100 Abs. 1 GG auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen. Denn die Regelung des § 2332 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB a.F. ist nicht verfassungswidrig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Grundrechten (wird ausgeführt).
Hinweis: Das OLG Düsseldorf hat die Revision zum BGH zugelassen wegen grundsätzlicher Bedeutung der Frage, ob die Verjährung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs aus § 2329 BGB auch dann mit dem Erbfall beginnt, wenn die Abstammung des nichtehelich geborenen Pflichtteilsberechtigten vom Erblasser noch nicht gerichtlich festgestellt ist.
Für ergänzende Erläuterungen steht Ihnen Herr Rechtsanwalt JR Dr. Manfred Birkenheier, Fachanwalt für Erbrecht, gerne zur Verfügung.