Newsletter 01/2018
Arbeitsrecht
Befristung wegen eines vorübergehenden Beschäftigungsbedarfs
Der Sachgrund des vorübergehenden Beschäftigungsbedarfs i. S. d. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG setzt voraus, dass ein zeitweiser Anstieg des Arbeitsvolumens im Bereich von Daueraufgaben des Arbeitgebers zu verzeichnen ist. Hierfür muss der Arbeitgeber eine Prognose über den Personalbedarf erstellen, wobei der prognostizierte Bedarf auch über das Vertragsende hinaus andauern kann.
In einem Logistikunternehmen war die Klägerin zuletzt wegen eines nur vorübergehenden Beschäftigungsbedarfs vom 13. August 2012 bis 31. Januar 2013 als Versandmitarbeiterin zur Aushilfe befristet beschäftigt. Die Mitarbeiterin machte die Unwirksamkeit der Befristung geltend. Es sei kein vorübergehender Bedarf zu verzeichnen, insbesondere weil der Beklagte im April 2013 weitere 148 Arbeitnehmer befristet eingestellt habe. Der Beklagte hatte zu seinem Personalbedarf für Daueraufgaben konkret vorgetragen. Besonders erwähnte er in dem Monat Juni 2013 einen unter dem angegebenen Dauerbedarf liegenden...
Bank- und Finanzrecht
Beratungspflichten einer Bank bei Abschluss eines strukturierten Darlehens
Die Klägerin, eine Gemeinde, vereinbarte mit der Beklagten, einer im Bereich der Kommunalfinanzierung tätigen Bank, im Jahr 2007 zu Refinanzierungszwecken ein Darlehen in Höhe von rund 3,0 Mio. €. Hinsichtlich der Zinsen vereinbarten die Parteien eine Koppelung an den Wechselkurs des EURO in Schweizer Franken (CHF).
Sofern der Wechselkurs größer/gleich 1,43 CHF ist, beträgt der Darlehenszins 3,99% p.a.; ist der Wechselkurs kleiner 1,43 CHF, beträgt der Darlehenszins 3,99 % p.a. zzgl. 50% der Wechselkursveränderung, welche nach einer vertraglich vereinbarten Methode zu berechnen ist.
Eine Begrenzung des variablen Zinssatzes im Falle einer negativen Wechselkursentwicklung enthielt der Darlehensvertrag nicht. In der Folgezeit entwickelte der sich der Wechselkurs des Schweizer Franken zum Euro negativ, so dass der Zinssatz zuletzt 18,99 % p.a. betragen hätte.
Dem Abschluss des Darlehensvertrags zur Refinanzierung gingen mehrere Gespräche zwischen den Parteien voraus, in denen die...
Datenschutzrecht
Nichtigkeit des Verkaufs von Adressdaten bei fehlender Einwilligung der Adressinhaber
Der Beklagte ist Insolvenzverwalter einer Gesellschaft, die u. a. auf dem Gebiet des Adresshandels tätig war, und schloss mit der Klägerin einen Vertrag, in welchem sich der Beklagte verpflichtete, u.a. einen Bestand von rund 1 Million Adressen an die Klägerin zu übertragen. Die betreffenden Adressdaten, die zuvor auf zwei Servern gespeichert waren, übergab der Beklagte schließlich auf einem USB-Stick an die Klägerin. Des Weiteren veräußerte der Beklagte die vorgenannten Server der Insolvenzschuldnerin an einen Dritten, ohne zuvor die darauf befindlichen Adressdaten zu löschen.
Die Klägerin nahm den Beklagten u.a. auf Zahlung eines Betrags in Höhe von 2/3 des vereinbarten Kaufpreises in Anspruch mit der Begründung, der Erwerber der Server habe die darauf gespeicherten Adressen zur Versendung von Werbe-E-Mails genutzt, weshalb die von ihm erworbenen Adressen 2/3 ihres ursprünglichen Werts verloren hätten. Das Landgericht folgte der Argumentation der Klägerin und verurteilte den...
Zulässigkeit der Videoüberwachung von Verkaufsräumen
Der Kläger ist Betreiber einer Apotheke und beschäftigte zum Zeitpunkt der Entscheidung 27 Mitarbeiter. In den Verkaufsräumen installierte der Kläger drei Videoüberwachungskameras und in den nicht öffentlich zugänglichen Bereichen mindestens zwei Videoüberwachungskameras. Als Grund für die Installation der Videoüberwachungskameras, auf die – in Bezug auf den Verkaufsraum – an beiden Eingangstüren hingewiesen wurden und – in Bezug auf die nicht öffentlich zugänglichen Bereiche – in deren Aufstellung sämtliche Mitarbeiter eingewilligt haben, gab der Kläger Differenzen im Lagerbestand der Apotheke an, die durch Diebstähle durch Kunden bzw. Mitarbeiter verursacht worden sein könnten. Nach Installation der Videoüberwachungskameras ist kein größerer Schwund mehr zu verzeichnen gewesen.
Der Beklagte als zuständige Aufsichtsbehörde gab dem Kläger nach erfolgter Anhörung und unter Zwangsgeldandrohung auf, während der Öffnungszeiten der Apotheke die Videoüberwachung im Verkaufsraum (Anordnung...
Erbrecht
Zum Wert des Beschwerdegegenstands im Falle der Einlegung eines Rechtsmittels gegen die Verurteilung zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung
Die Kläger machten gegen die Beklagte als testamentarischer Alleinerbe im Wege der Stufenklage Pflichtteilsansprüche geltend. Das Landgericht München I verurteilte die Beklagte durch Teilurteil zur Erteilung der Auskunft über den Bestand und Wert des Nachlasses der Erblasserin. Diesem Urteil kam die Beklagte nach.
Da die Kläger Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der erteilten Auskünfte hatten, beantragten sie im Rahmen der Stufenklage, die Beklagte zu verurteilen, zu Protokoll des Gerichts an Eides statt zu versichern, dass sie den Bestand des Nachlasses so vollständig und richtig angegeben habe, wie sie dazu in der Lage sei. Das Landgericht München erließ ein entsprechendes weiteres Teilurteil.
Gegen dieses Teilurteil legte die Beklagte Berufung ein. Das Oberlandesgericht München verwarf diese Berufung als unzulässig, weil der erforderliche Wert des Beschwerdegegenstands von mindestens 600,00 € nicht erreicht sei. Zugleich setzte es den Streitwert für das...
Schadensersatzanspruch des Pflichtteilsberechtigten bei Pflichtteilsverzicht infolge arglistiger Täuschung
Die Klägerin und die Beklagten sind Geschwister und Kinder ihres im August 2014 verstorbenen Vaters. Ihre Mutter war bereits vorher, nämlich im Jahre 2012 verstorben. Die Eltern hatten sich wechselseitig in einem privatschriftlichen Testament zu alleinigen Erben eingesetzt. In seinem Antrag an das Nachlassgericht vom Juli 2012 auf Erteilung des Erbscheins erklärte der Vater, seine Ehefrau hinterlasse kein Vermögen im Ausland.
Nach dem Tod der Mutter bestimmte der Vater in einem notariellen Testament vom 28.02.2013 die Beklagten zu seinen alleinigen Erben, wodurch die Klägerin enterbt wurde. In diesem Testament erklärte er, derzeit kein Vermögen im Ausland zu haben. Nur wenige Tage vorher, am 21.02.2013, hatte der Vater mit seinen Kindern, also der Klägerin und den Beklagten, einen Erbauseinandersetzungs- und Übertragungsvertrag geschlossen. Darin erhielt die Klägerin ein Grundstück zu Eigentum übertragen, dessen Wert mit 150.000,00 € angegeben wurde. In § 4 des Vertrages wurde...
Enthält ein Erbvertrag eine Pflichtteilsstrafklausel mit einer aufschiebend bedingten Enterbung, so kann ein Pflichtteilsverlangen auf den Tod des Zuerstversterbenden nur bis zum Tod des Letztversterbenden zum Ausschluss der gesetzlichen Erbfolge führen
Sachverhalt
Die beiden in einem Erbscheinverfahren streitenden Beteiligten sind Geschwister. Als erster Elternteil war ihr Vater verstorben, zuletzt verstarb die Mutter. In einem notariellen Erbvertrag hatten die Eltern folgende Regelungen getroffen:
"Wir setzen uns gegenseitig für alle Fälle als Alleinerben ein.
Der Zuerststerbende wendet jedem Abkömmling ein Geldvermächtnis in Höhe des Wertes des gesetzlichen Erbteils unter Berücksichtigung der Ausgleichungspflicht zu. Das Vermächtnis fällt sofort an, es ist jedoch erst mit dem Tode des Überlebenden zahlungsfällig und bis dahin unverzinslich....
Verlangt ein Abkömmling auf den Tod des Zuerststerbenden unter Ausschlagung des Vermächtnisses den Pflichtteil, dann ist er und seine Abkömmlinge von der Erbfolge am Überlebenden ausgeschlossen.…"
Der Sohn (Beteiligter zu 1) hatte zunächst die Erteilung eines Erbscheins beantragt, wonach er und die Schwester (Beteiligte zu 2) mit einem Erbteil von je 1/2 Erben der zuletzt...
Der Vermieter des Erblassers kann Bestellung eines Nachlasspflegers zum Zwecke der Geltendmachung seines Räumungsanspruchs gegen die unbekannten Erben des verstorbenen Wohnraummieters verlangen.
Die Entscheidung betrifft den nicht seltenen Fall, dass der Mieter einer Wohnung verstirbt und der Vermieter, dessen Interessenlage auf eine möglichst schnelle Räumung der Wohnung und Neuvermietung gerichtet ist, keinen Ansprechpartner hat, weil die Erben des verstorbenen Mieters unbekannt sind.
In diesem Fall hat er jedoch die Möglichkeit, beim Nachlassgericht die Bestellung eines Nachlasspflegers zu beantragen. Rechtsgrundlage hierfür sind die Bestimmungen der §§ 1960 und 1961 BGB. Nach § 1960 Abs. 1 BGB hat das Nachlassgericht u. a. dann, wenn der Erbe unbekannt ist, für die Sicherung des Nachlasses zu sorgen. Nach Abs. 2 dieser Vorschrift kann es dazu insbesondere für den noch unbekannten Erben einen Pfleger (Nachlasspfleger) bestellen. Nach § 1961 BGB muss das Nachlassgericht einen Nachlasspfleger bestellen, wenn die Bestellung zum Zwecke der gerichtlichen Geltendmachung eines Anspruchs, der sich gegen den Nachlass richtet, von dem Berechtigten beantragt wird. Im konkreten Fall...
Handels- und Gesellschaftsrecht
Verzicht auf Pensionsansprüche kann für den Geschäftsführer-Gesellschafter teuer werden
Problemstellung:
Ein Geschäftsführer-Gesellschafter hat mit „seiner“ GmbH in wirtschaftlich erfolgreichen Zeiten eine Pensionszusage vereinbart. Die GmbH verpflichtete sich ihm gegenüber nach seinem Ausscheiden als Geschäftsführer zur Zahlung einer Pension. Um dieser Verpflichtung später nachzukommen, bildete die GmbH jährlich Rückstellungen. Nachdem sich der Erfolg der Gesellschaft eingetrübt hatte, vereinbarte der Geschäftsführer-Gesellschafter mit der GmbH zu deren finanzieller Entlastung die Herabsetzung seiner Pensionsansprüche.
Der BFH sieht in dem Verzicht auf Pensionsansprüche eine verdeckte Einlage, die zu einem steuerpflichtigen Arbeitslohn führt. Der Geschäftsführer-Gesellschafter muss also Steuern auf die Höhe des Verzichtsbetrages leisten, obwohl ihm keinerlei Geld zugeflossen ist.
TIPP: Die nachträgliche Abänderung von Pensionsverpflichtungen ist kein leichtgängiges Mittel zur wirtschaftlichen Entlastung der Gesellschaft. Soweit möglich ist der Verzicht...
Vorsicht bei der Gewährung von Darlehen durch einen Gesellschafter an die Gesellschaft oder die Eingehung von Bürgschaftsverpflichtungen zugunsten der Gesellschaft
Mit der Einführung des Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts am 01.11.2008 sind die Institute „kapitalersetzende Leistungen" ersatzlos entfallen. Diesen Gesichtspunkt hat der BFH zum Anlass genommen, Aufwendungen des Gesellschafters aus kapitalersetzenden Darlehen oder diesen gleichzusetzenden Bürgschaften nicht mehr zu den nachträglichen Anschaffungskosten der Beteiligung zu rechnen.
Im Klartext bedeutet dies, dass sich ein Gesellschafter, der kapitalersetzende Leistungen im alten Sinne zukünftig erbringen will, sich darüber im Klaren sein muss, diese Leistungen steuerlich nicht mehr absetzen zu können.
Für die Praxis hat das Urteil des BFH zur Folge, dass
- intensiv darüber nachgedacht werden muss, ob eine Sanierung in der angedachten Form (Gewährung von Sanierungskrediten) überhaupt sinnvoll ist und/oder ob es nicht besser ist, das Unternehmen von der Wurzel heraus zu sanieren (Eigenverwaltung, Schutzschirmverfahren) und
- ob statt der kapitalersetzenden Leistungen im...
Insolvenzrecht
Geschäftsführerhaftung für Einfuhrumsatzsteuer nach Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters
In diesem Urteil hatte sich der BFH mit der Geschäftsführerhaftung für Einfuhrumsatzsteuer nach der Bestellung eines vorläufigen schwachen Insolvenzverwalters zu befassen. Das Gericht verweist darauf, dass mit der Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters und der Anordnung, dass Verfügungen der GmbH nur mit dessen Zustimmung wirksam sind, die Geschäftsführung weiterhin an der Erfüllung der steuerlichen Pflichten nicht gehindert ist. Die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis verbleibt insoweit beim gesetzlichen Vertreter der GmbH. Er wird durch den vorläufigen Insolvenzverwalter nicht aus einer Pflichtenstellung verdrängt und hat weiterhin dafür Sorge zu tragen, dass die Steuern aus den Mitteln der GmbH entrichtet werden.
Da zum Fälligkeitszeitpunkt in dem vom BFH zu entscheidenden Fall keinerlei Zahlungen resultierend aus Einfuhrumsatzsteuer an die Finanzverwaltung geleistet wurden, nahm das zuständige Hauptzollamt die beiden Geschäftsführer wegen grob fahrlässiger...
Haftungsrecht
Haftung des Geschäftsführers einer insolventen GmbH für rückständige Steuerschulden, die vom Insolvenzverwalter zur Tabelle festgestellt worden sind
Der Bundesfinanzhof hat ein Urteil des Finanzgerichts München bestätigt. Auf dieses Urteil hatten wir bereits bei früherer Gelegenheit hingewiesen.
Mit dem nunmehrigen Urteil des Bundesfinanzhofes steht verbindlich fest, dass ein Geschäftsführer Forderungsanmeldungen des Finanzamtes im Insolvenzverfahren der Gesellschaft widersprechen muss; geschieht dies nicht und werden die Forderungen vom Insolvenzverwalter festgestellt, kann sich der Geschäftsführer in einem späteren gegen ihn gerichteten Haftungsverfahren nicht darauf berufen, dass die Steuerschuld zu Unrecht vom Insolvenzverwalter festgestellt worden ist.
TIPP: Angesichts drohender Haftungsansprüche, sei es durch das Finanzamt oder Sozialversicherungsträger, sollte sich der Geschäftsführer einer in Insolvenz geratenen GmbH frühzeitig anwaltlich beraten lassen.
Für ergänzende Erläuterungen steht Ihnen Herr Rechtsanwalt JR Udo Gröner, Fachanwalt für Steuerrecht, gerne zur Verfügung.
Steuerrecht
Vorsicht bei der Übernahme von Zahlungsvermittlungen
Der vom BGH entschiedene Sachverhalt stellt sich- verkürzt- wie folgt dar:
Hauptgläubiger des in wirtschaftlichen Schwierigkeiten geratenen Mandanten war das Finanzamt. Nachdem dieses die Möglichkeit eines Insolvenzverfahrens und strafrechtlicher Verfolgung in Aussicht stellte, traf der Mandant mit dem Steuerberater folgende Abrede: Soweit das vom Mandanten geführte Konto ein bestimmtes Guthaben auswies, war dies Veranlassung für den Mandanten, den Steuerberater aufzufordern, von einer diesem erteilten Abbuchungserlaubnis Gebrauch zu machen. Dies ist dann auch geschehen. Die auf diese Weise vereinnahmten Gelder wurden vom Steuerberater unverzüglich an das Finanzamt weitergeleitet.
Nachdem dann das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Mandanten eröffnet worden war, nahm der Insolvenzverwalter den Steuerberater erfolgreich auf Rückzahlung der an das Finanzamt geleisteten Gelder in Anspruch mit der Folge, dass der Steuerberater diese Gelder aus eigenem Vermögen aufwenden musste,...