Newsletter 01/2023
Gesellschaftsrecht
Kommanditisten haften für die Kosten des Insolvenzverfahrens der KG (LG Stuttgart, Urteil vom 22. Juni 2022 – AZ: 27 O 45/22 –)
„Die Haftung des Kommanditisten erstreckt sich auch auf die Kosten des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Kommanditgesellschaft.“ – so lautet der Orientierungssatz einer aktuellen Entscheidung des Landgerichts Stuttgart.
Worum ging es in der Entscheidung?
Der Beklagte war als Kommanditist an einem in der Rechtsform der GmbH & Co. KG organisierten geschlossenen Schiffsfonds („Schuldnerin“) beteiligt. Über das Vermögen der Schuldnerin wurde das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt.
In den Jahren vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens erhielt der Beklagte Auszahlungen in Höhe von rund 16.000 €. Nach Auffassung des Klägers – die vom Landgericht Stuttgart bestätigt wurde – führten diese Auszahlungen dazu, dass die bereits durch Verlustvorträge geminderte Einlage weiter herabgemindert wurde, so dass die (Außen-)Haftung des Beklagten als Kommanditist in Höhe der Auszahlungen wieder auflebte. Aus diesem Grund forderte der Kläger vom Beklagten die...
WeiterlesenUrherberrecht
Kein Anspruch auf Grundauskunft für Rechtsinhaber mit großem Rechtestock (BGH, Urteil v. 28. Juli 2022 – AZ: I ZR 141/20 – "Elektronischer Pressespiegel II")
Bedeutung und Umfang des Auskunftsanspruchs
Um im Fall einer Verletzung von Urheberrechten einen Schadensersatzanspruch beziffern und damit als Zahlungsanspruch geltend machen zu können, ist der Verletzte regelmäßig darauf angewiesen, dass der Verletzer Auskünfte über die Urheberechtsverletzung erteilt. Einen solchen Auskunftsanspruch gewähren § 101 UrhG und § 242 BGB.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) sind diese Auskunftsansprüche nach ihrem Inhalt grundsätzlich auf die Erteilung von Auskünften über den konkreten Verletzungsfall beschränkt. Ein Anspruch auch über mögliche andere Verletzungsfälle besteht dagegen im Grundsatz nicht, da dies auf eine unzulässige Ausforschung hinausliefe.
Ausnahmsweise weitergehender Auskunftsanspruch
Im Fall der Verwertungsgesellschaft GEMA ist anerkannt, dass dieser ein weitergehender Anspruch auf Grundauskunft zukommt. Diese Ausnahme von dem im Grundsatz beschränkten Auskunftsanspruch liegt nach dem BGH im Wesen des Systems der...
WeiterlesenVersicherungsrecht
Wer auffährt ist schuld? Streitiger Auffahrunfall und Anscheinsbeweis (AG Freudenstadt, Urteil vom 06.07.2022 – AZ: 5 C 59/21 -)
Grundsätzlich gilt, dass gegen denjenigen, der auf ein anderes Fahrzeug auffährt, ein Anscheinsbeweis gilt. Dies bedeutet, dass grundsätzlich derjenige, der auffährt, zu 100 % für Schäden des Vordermannes haftet.
Ist allerdings streitig, ob der Hintermann aufgefahren oder der Vordermann rückwärts gefahren und auf den stehenden Hintermann aufgefahren ist, entfällt dieser Anscheinsbeweis. Leider lässt sich in diesen Konstellationen auch durch ein Sachverständigengutachten nicht immer klären, welcher der beiden Sachvorträge richtig ist. Bei Unaufklärbarkeit haftet jeder der Beteiligten zu 50 %.
Im vorliegenden Fall hatte der Vordermann jedoch Glück. Die Beweisaufnahme ergab, dass sich das Fahrzeug des Hintermannes zum Anstoßzeitpunkt zwingend vorwärts bewegt hat. Daraus schloss das Gericht auf einen Auffahrunfall. Hieran ändert auch die Tatsache nichts, dass der Sachverständige nicht ausschließen konnte, dass das Fahrzeug des Vordermannes möglicherweise zurückgerollt ist. Die...
WeiterlesenDirektanspruch gegen eine Versicherung bei Insolvenz des Schädigers (BGH, Urteil vom 25.1.2023 - Az: IV ZR 133/21)
Die Klägerin, die einer Architektin fehlerhafte Planungs- und Überwachungsarbeiten vorwirft, macht zum Ausgleich des entstandenen Schadens einen sog. Direktanspruch gem. § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 VVG gegen den Haftpflichtversicherer der Architektin geltend.
§ 115 Abs. 1 S. 1 VVG eröffnet im Zusammenhang mit sog. Pflicht-Haftpflichtversicherungen die Möglichkeit, dass ein Geschädigter unter bestimmten Voraussetzungen einen Schadensersatzanspruch ausnahmsweise auch direkt gegen den Haftpflichtversicherer des eigentlichen Schädigers geltend machen kann.
Im vorliegenden Fall kam für den Direktanspruch § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 VVG in Betracht. Das Insolvenzgericht hatte den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Architektin mangels Masse abwiesen. Die Abweisung des Insolvenzeröffnungsantrags erfolgte vor der Erhebung der Klage gegen den Haftpflichtversicherer.
Der BGH kam zu dem Ergebnis, dass es für einen Direktanspruch ausreicht, dass die Voraussetzungen des...
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