Newsletter 01/2024
Erbrecht
Anforderungen an die Unterschrift unter einem handschriftlichen Testament
Leitsatz
Ein handschriftlich errichtetes Testament ist unwirksam, wenn die "Unterschrift" die Verfügung nicht räumlich abschließt, sondern sich in der Mitte des Testaments befindet und die Person des Erben erst darunter genannt wird.
Sachverhalt
Der Beschwerdeführer ist der Neffe der im Mai 2022 verstorbenen Erblasserin. Diese wargeschieden, hatte keine eigenen Kinder, ihre Eltern waren vorverstorben. Die Mutter des Beschwerdeführers und der Beteiligte zu 2) waren die Geschwister der Erblasserin, die außerdem sechs Halbgeschwister hatte, wovon fünf vorverstorben waren und insgesamt sechs Nichten bzw. Neffen und drei Großnichten bzw. Großneffen hinterließen.
Der Beschwerdeführer legte folgendes handschriftliche Testament der Erblasserin vor:
"10.03.2022
Testament!
Ich.… (Name der Erblasserin)
vermache alles was ich habe.
Mein Sparbuch-Konto Raiffeisenbank Rosenheim
Versicherung bei der Züricher Versicherung
…. (Unterschrift der Erblasserin)
An Herrn….. (= Beschwerdeführer)
... WeiterlesenFormwirksamkeit eines Testaments, Widerruf
Leitsatz
- Wird ein privatschriftliches Testament in der Wohnung des Erblassers gefunden und kann ausgeschlossen werden, dass Dritte ungehinderten Zugriff darauf hatten, ist davon auszugehen, dass Veränderungen an der Urkunde vom Erblasser selbst vorgenommen wurden.
- Ohne das Hinzutreten weiterer Umstände kann davon ausgegangen werden, dass großflächige Durchstreichungen, die sich über die gesamte Urkunde erstrecken, in Widerrufsabsicht angebracht worden sind.
- Die Feststellungslast für eine Widerrufshandlung des Erblassers in Widerrufsabsicht trägt derjenige, der sich darauf beruft.
- Keine hohen Anforderungen an den Beweis von Veränderungen durch den Erblasser, wenn sich die Urkunde bis zuletzt in seinem Gewahrsam befand und keine ernsthaften Anhaltspunkte für Veränderungen durch Dritte bestehen.
- Nach richterlicher Überzeugungsbildung vom Ausschluss der Veränderungen durch Dritte wird gemäß § 2255 Satz 2 BGB vermutet, dass der Erblasser Veränderungen in Widerrufsabsicht vorgenommen...
Unwirksame Erbeinsetzung desjenigen, der den Erblasser bis zum Tod "pflegt und betreut"
Leitsatz
- Zur Auslegung eines privatschriftlichen Testaments, das der Erblasser mehr als 10 Jahre vor seinem Tod errichtet hat und das als Erben denjenigen bestimmt, der den Erblasser "bis zu meinem Tod pflegt und betreut" und gleichzeitig eine Person nennt, die dies gegenwärtig tut.
- Ein Testament ist nichtig, wenn der Wortlaut der Verfügung so unbestimmt ist, dass die Auslegung ergebnislos bleiben muss.
- Auf einen "Mindestbedeutungsgehalt" der vom Erblasser verwendeten Begriffe kann nur dann abgestellt werden, wenn feststeht, dass der Erblasser diese in eben jenem Sinne verwendet hat.
Sachverhalt
die kinderlose und verwitwete Erblasserin ist im Jahre 2021 verstorben. Sie errichtete am 01.04.2011 ein handschriftliches Testament folgenden Inhalts:
"Mein letzter Wille!
Die Person, die mich bis zu meinem Tode pflegt und betreut, soll mein gesamtes Vermögen bekommen! Zur Zeit ist es: Frau…. (= Beteiligte zu 1, im Folgenden als B 1 bezeichnet), wohnhaft….. Ich bin im Vollbesitz...
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