Newsletter 03/2018
Datenschutz / Compliance
Datenschutzrechtliche Verantwortlichkeit des Betreibers sog. Fanpages
Der zitierten Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) lag ein Vorabentscheidungsersuchen des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) zur Auslegung der der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (ABl. 1995, L 281, S. 31) zugrunde.
Ausgangspunkt war ein Rechtsstreit zwischen dem Unabhängigen Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD) und der Wirtschaftsakademie Schleswig-Holstein GmbH, einem privatrechtlich organisierten Bildungsunternehmen (Wirtschaftsakademie). Gegenstand dieses Rechtsstreits war die Rechtmäßigkeit einer Anordnung des ULD gegenüber der Wirtschaftsakademie, mit der dieser aufgegeben wurde, eine auf der Website des sozialen Netzwerks Facebook (in Europa betrieben von Facebook Ireland Ltd.) unterhaltene Fanpage, über die die Wirtschaftsakademie Bildungsdienstleistungen anbietet, zu deaktivieren. Zur...
WeiterlesenVideoüberwachung öffentlich zugänglicher Räume
Seit dem 25. Mai 2018 gilt neben der Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) auch das neugefasste Bundesdatenschutzgesetz (BDSG n. F.). Während die DS-GVO keine besonderen Regelungen zur Videoüberwachung öffentlich zugänglicher Räume enthält, hat der deutsche Gesetzgeber in § 4 BDSG n. F. eine spezielle, nationale Regelung für die Videoüberwachung öffentlich zugänglicher Räume geschaffen.
Der Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit Baden-Württemberg (LfDI BW) hat sich in seinem Newsletter zu den Anforderungen an die Zulässigkeit der Videoüberwachung öffentlich zugänglicher Räume durch sog. Nicht-öffentliche Stellen (bspw. Unternehmen und Einzelunternehmer) geäußert und diese ausschließlich auf der Grundlage der DS-GVO geprüft (https://www.baden-wuerttemberg.datenschutz.de/wp-content/uploads/2018/07/LfDI-Newsletter-Ausgabe-2.pdf). Auf eine Twitter-Anfrage hat der LfDI BW mitgeteilt, dass er § 4 BDSG n. F. für europarechtswidrig halte, da die DS-GVO die Schaffung von...
WeiterlesenErbrecht
Zum Stichtagsprinzip bei der Pflichtteilsberechnung im Falle von Kunstgegenständen als Bestandteilen des Nachlasses
Die Parteien streiten um Pflichtteilsansprüche des Klägers. Dieser ist eines von drei Kindern des bereits im Jahre 2002 verstorbenen Erblassers aus dessen erster Ehe. Die Beklagte ist die zweite Ehefrau des Erblassers.
Der Erblasser errichtete im September 2002 ein Testament, in dem er seine zweite Ehefrau und seine weiteren Kinder als Erben einsetzte, den Kläger jedoch auf den Pflichtteil beschränkte.
Zum Nachlass des Erblassers, dessen Wert nach der gesetzlichen Regelung die Grundlage für die Berechnung des Pflichtteilsanspruchs bildet, gehörten zwei Gemälde namhafter Künstler. Über die Authentizität des einen Gemäldes herrschte am Todestag des Erblassers und lange Jahre danach Streit. In das Werkverzeichnis des Künstlers war das Bild am Todestag des Erblassers, der für die Wertbestimmung nach § 2311 BGB maßgebend ist, nicht eingetragen.
Das Landgericht Köln geht in der Entscheidung davon aus, dass die Institution, die das Werkverzeichnis führt, eine Monopolstellung inne habe...
WeiterlesenVoraussetzungen der Zahlung einer Nutzungsentschädigung durch den Miterben an die Erbengemeinschaft
In der Praxis besteht nach einem Erbfall nicht selten die Situation, dass bei einer Mehrheit von Erben (Erbengemeinschaft) eine im Nachlass befindliche Immobilie von einem der Miterben genutzt wird, sei es dass dieser bereits zu Lebzeiten des Erblassers mit diesem gemeinsam die Immobilie bewohnt und genutzt hat oder dass er erst nach dem Erbfall mit der Nutzung der Immobilie begonnen hat.
In dem Fall, den das OLG Rostock zu entscheiden hatte, stand nur eine Hälfte der von einem der Miterben komplett genutzten Immobilie im Eigentum der Erbengemeinschaft, weil der Erblasser nur hälftiger Miteigentümer der Immobilie gewesen war. Die andere Hälfte der Immobilie stand im alleinigen Eigentum einer anderen Miterbin.
Gegen den die Immobilie nutzenden Miterben hatte die Erbengemeinschaft Klage auf Zahlung des hälftigen Mietwertes der Immobilie an die Erbengemeinschaft als Nutzungsentschädigung erhoben. Die Eigentümerin der zweiten Hälfte der Immobilie hatte gleichzeitig Klage auf Zahlung...
WeiterlesenZu den Voraussetzungen der Wirksamkeit des Widerrufs eines Testamentes
Die verwitwete Erblasserin verstarb im April 2015. Aus ihrer Ehe mit dem vorverstorbenen Ehemann waren zwei Töchter hervorgegangen. Am 23.02.2014 errichtete sie ein privatschriftliches Testament, in dem sie ihre ältere Tochter als Alleinerbin einsetzte und bestimmte, dass die jüngere Tochter nur den Pflichtteil erhalten solle.
Zwischen den Beteiligten war streitig, ob die Erblasserin dieses Testament später widerrufen hat.
Das Original des Testaments wurde einen Tag nach dem Tod der Erblasserin von der älteren Tochter beim Nachlassgericht abgeliefert. Sie stellte gleichzeitig Antrag auf Erteilung eines Erbscheins, der sie als alleinige Erbin der Mutter ausweisen sollte.
Im Rahmen des Erbscheinverfahrens legte die jüngere Tochter dem Nachlassgericht ein Schriftstück vor, welches offenbar eine Farbkopie des Original-Testaments war und in vier Teile zerrissen und mit Tesafilm wieder zusammengesetzt worden war. Hierzu trug sie vor, die Erblasserin habe am 27.05.2014 die Annullierung des...
WeiterlesenInsolvenzrecht
Eigenverwaltung: Haftung des vertretungsberechtigten Geschäftsleiters
Der zitierten Entscheidung lag – zusammengefasst – der folgende Sachverhalt zu Grunde:
Über das Vermögen der S. GmbH & Co. KG (nachfolgend Insolvenzschuldnerin) wurde am 30. März 2014 ein Insolvenzverfahren eröffnet und die Eigenverwaltung angeordnet. Der Beklagte wurde im September 2014 zum weiteren Geschäftsführer der Komplementärin der Insolvenzschuldnerin berufen. Noch bevor das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin nach rechtskräftiger Bestätigung eines Insolvenzplans durch Beschluss vom 28. Januar 2015 aufgehoben wurde, bestellte die Insolvenzschuldnerin im Dezember 2014 bei der Klägerin Waren, die von der Klägerin im April 2015 vertragsgemäß geliefert, von der Insolvenzschuldnerin aber nicht bezahlt wurden. Auf den Eigenantrag vom 18. Juli 2015 wurde über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin erneut ein Insolvenzverfahren eröffnet. Wegen des Forderungsausfalls machte die Klägerin gegen den Beklagten Schadensersatzansprüche in Höhe von rund 88.000,00 €...
Gläubigerbenachteiligung bei Tilgung einer Darlehensforderung durch Barzahlung
1. Sachverhalt: In dem seitens des Bundesgerichtshofs entschiedenen Fall hatte der spätere Insolvenzschuldner der Darlehensgeberin die darlehensweise zur Verfügung gestellten Mittel zurückgezahlt. Die Darlehensgeberin erstattete in der Folge den Betrag erneut an den Insolvenzschuldner. Der Insolvenzverwalter des Schuldners begehrt nunmehr im Wege der Insolvenzanfechtung die Rückzahlung des an die Darlehensgeberin rückgezahlten Betrages. Diese verweist im Klageverfahren darauf, einen Teilbetrag bereits an den Schuldner erstattet zu haben.
2. Das Gericht weist in diesem Rechtsstreit die Gläubigerbenachteiligung zurück, indem es darauf hinweist, dass eine zunächst „durch den Abfluss von Schuldnervermögen eingetretene Gläubigerbenachteiligung […] nachträglich dadurch wieder behoben werden [kann], dass der Anfechtungsgegner den anfechtbar erhaltenen Gegenstand oder dessen vollen Wert in das Vermögen des Schuldners zurückführt.“
Der Bundesgerichtshof beschränkt mithin mit dieser...
WeiterlesenRatenzahlungsvereinbarung mit dem Gerichtsvollzieher (§ 802b ZPO) sind selbstständig als inkongruente Leistungen anfechtbar
Sachverhalt: Der Beklagte betrieb gegen die Insolvenzschuldnerin die Zwangsvollstreckung, indem er eine Gerichtsvollzieherin damit beauftragte, titulierte Entgeltansprüche beizutreiben. Er teilte die Anweisung, „in das bewegliche Vermögen“ des vormaligen, nunmehr insolventen Arbeitgebers zu vollstrecken. Anstelle beim Schuldner zu pfänden, traf die Gerichtsvollzieherin mit dem Schuldner jedoch eine Ratenzahlungsvereinbarung, infolge dessen fünf Teilzahlungen erbracht wurden, zwei davon in den letzten drei Monaten vor Insolvenzantragstellung.
2. Das Gericht bestätigte die bisherige Rechtsprechung zur Inkongruenz von Druckzahlungen, da die beiden in den letzten drei Monaten vor Insolvenzantragstellung erhaltenen Zahlungen nach § 131 InsO anfechtbar sind. Diese Rechtsprechung wird seitens des Gerichts auch auf Fälle der selbstständigen Anfechtung von Teilzahlungen angewandt, wobei seitens des Gerichts hervorgehoben wird, dass die Zahlungen die Gläubiger erst benachteiligen, wenn...
WeiterlesenKlarstellung des BGH zur Frage der Berücksichtigung der sogenannten Passiva II bei der Erstellung einer Liquiditätsbilanz
Unter den Passiva II versteht man die Verbindlichkeiten, die innerhalb von drei Wochen nach dem Zeitpunkt anfallen, der als Stichtag in der Liquiditätsbilanz ausgewiesen wird. Ist dieser Stichtag der 30.09., bedeutet dies, dass bei der Berücksichtigung der zu diesem Zeitpunkt zu erstellenden Liquiditätsbilanz nicht nur die an diesem Tag, dem 30.09., fälligen Verbindlichkeiten zu berücksichtigen sind, sondern auch die Verbindlichkeiten, die in den folgenden drei Wochen fällig werden.
Ob letztere Verbindlichkeiten im Rahmen einer Liquiditätsbilanz zu berücksichtigen sind oder nicht, ist in der Literatur umstritten. Der BGH hat nunmehr mit Urteil vom 19.12.2017 Az. II ZR 88/16 klargestellt, dass diese Verbindlichkeiten (zusätzlich) zu berücksichtigen sind.
TIPP: Soweit nicht bereits geschehen, sollte der Liquiditätsstatus, der zwischenzeitlich erstellt worden ist, auf die Einhaltung der vorstehenden neuen Rechtsprechung des BGH überprüft werden
WeiterlesenOpferrecht
Der Antrag auf Opferentschädigung
Wer Opfer eines Angriffs geworden ist, hat häufig nicht nur mit den gesundheitlichen Folgen der Tat zu kämpfen, sondern sieht sich am Ende der ärztlichen Behandlung auch erheblichen Kosten ausgesetzt.
Was viele Betroffene nicht wissen: Sie haben einen Anspruch auf Entschädigung gegen den Staat! Die sogenannten Opferentschädigungsansprüche sind im OEG geregelt und werden nur auf Antrag des Betroffenen vom Landesamt für Soziales geprüft.
Erfüllt dieser die Voraussetzungen, kann er Ersatz unter anderem für die Kosten von Brillen, Prothesen, Zahnersatz oder auch Heil- und Krankenbehandlung - solange die gesundheitlichen Folgen der Tat anhalten - fordern. Darunter fallen auch die Kosten für eine frühzeitige psychotherapeutische Versorgung in Traumaambulanzen, weiterführende Behandlungen oder Pflegekosten.
TIPP: Sollten Sie Opfer eines Angriffs geworden sein, können Sie sich gerne zur Prüfung der Frage, ob auch Ihnen ein Anspruch auf Opferentschädigung zusteht und zur Begleitung im...
WeiterlesenMietrecht
Vermieterpfandrecht an regelmäßig auf dem gemieteten Grundstück abgestellten Fahrzeugen
Mit diesem Urteil hat der BGH eine klarstellende Entscheidung zum Vermieterpfandrecht an Fahrzeugen getroffen, die im Rahmen des allgemeinen Geschäftsverkehrs des Mieters regelmäßig auf dem Grundstück abgestellt bzw. von dort zur Ausübung der gewerblichen Tätigkeit des Mieters entfernt werden.
In seinem Urteil bejaht der BGH grundsätzlich das Bestehen eines Vermieterpfandrechtes an den betreffenden Fahrzeugen; dieses Vermieterpfandrecht erlischt allerdings dann, wenn das Fahrzeug zur Durchführung einer Fahrt von dem Mietgrundstück - auch nur vorübergehend - entfernt wird; wird das Fahrzeug dann anschließend wieder auf das Grundstück verbracht, wird ein neues Vermieterpfandrecht begründet.
Die vorstehende Rechtsprechung kann in der Insolvenz eines Mieters von erheblicher Bedeutung sein; darüber hinaus wird es für den Vermieter als Inhaber des Pfandrechtes zwingend notwendig sein, den Sachverhalt zu dokumentieren: Befand sich das Fahrzeug zum Zeitpunkt der Insolvenzantragstellung auf...
WeiterlesenVersicherungsrecht
Umfang der Eintrittspflicht der Elementarschadenversicherung (Rückstau)
Die Elementarschadenversicherung ist durch die Wetterereignisse in der letzten Zeit in den Fokus der öffentlichen Wahrnehmung gerückt. Sie ist jedoch kein Heilmittel gegen jeden wetterbedingten Schadenseintritt. Das Kammergericht Berlin stellt in seinem Urteil vom 18.05.2018 klar, dass die Elementarschadenversicherung zwar dem Schutz vor Elementarschäden diene, die durch die „Elemente“ wie etwa Witterungsniederschläge, verursacht werden. Dies bedeutet aber nicht, dass alle Gebäudeschäden, die durch Witterungsniederschläge – gleich auf welchem Wege – verursacht werden, automatisch versichert sein müssten.
Vorliegend staute sich Wasser auf dem obersten Balkon eines Gebäudes in Folge Starkregens an und trat über die Balkontürschwelle in das Gebäude ein. Das Balkonentwässerungssystem war überlastet. Das Wasser konnte nicht abfließen.
Die Klägerin ging davon aus, dass es sich um ein versichertes Ereignis handelte. Sie berief sich auf einen Rückstau.
Das Kammergericht stellte jedoch...
WeiterlesenWerkvertragsrecht
Keine Aufrechnungsbefugnis eines Auftraggebers gegen Ansprüche des Werkunternehmers aus Sicherheitseinbehalten
Im Rahmen eines abgeschlossenen Werkvertrages hatte der Auftragnehmer vereinbarungs-gemäß Sicherheitseinbehalte bei der Schlussrechnung vorgenommen.
Noch während der eigentlichen Gewährleistungsfrist erklärte der Auftragnehmer in Höhe der dem Werkunternehmer zustehenden Forderung auf Zahlung der Sicherheitseinbehalte die Aufrechnung mit Gegenforderungen aus anderen mit dem Werkunternehmer abgeschlossenen Verträgen.
In seinem vorzitierten Urteil hat der BGH die Zulässigkeit der Aufrechnung mit dem Hinweis darauf abgelehnt, dass die Sicherheitseinbehalte zweckbestimmt zur Absicherung von Gewährleistungsansprüchen dienen und infolgedessen während des Sicherungszeitraumes nicht mit Forderungen aus anderen Verträgen aufgerechnet werden könnten.
TIPP: Der vorstehende Sachverhalt zeigt wieder einmal, wie wichtig es ist, vor der Durchführung von einseitigen Maßnahmen sich anwaltlich beraten zu lassen, um nicht Gefahr zu laufen, trotz vermeintlich klarer Rechtsposition letztendlich doch in...
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