Newsletter 04/2017
Arbeitsrecht
Überwachung von Arbeitnehmern mittels Keylogger
In der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes ging es um einen Fall, in dem der Arbeitgeber auf dem Dienst-PC des Arbeitnehmers eine Software installierte, die alle Tastatureingaben protokollierte und regelmäßig Screenshots fertigte (Keylogger). Nachdem der Arbeitgeber die von dem Keylogger erstellten Dateien ausgewertet hatte, stellte er fest, dass der Arbeitnehmer seinen Dienstrechner während der Arbeitszeit privat für die Programmierung eines Computerspiels genutzt hatte sowie für die Abwicklung von eMail-Verkehr für ein Unternehmen seines Vaters. Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos, hilfsweise ordentlich.
Der Arbeitnehmer klagte gegen die Kündigung und hatte Erfolg. Die eingelegte Berufung des Arbeitgebers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts hatte keinen Erfolg. Das Bundesarbeitsgericht führte aus, dass sich ein Beweisverwertungsverbot aus der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes einer Partei ergeben könne. Das...
Bank- und Kapitalmarktrecht
Transparenzregister: Neue Meldepflichten für Unternehmen und gemeinnützige Organisationen
Aufgrund des am 26. Juni 2017 in Kraft getretenen Gesetzes zur Umsetzung der vierten EU‑Geldwäscherichtlinie gilt ab dem 1. Oktober 2017 für Unternehmen und gemeinnützige Organisationen eine neue Meldepflicht in das „Transparenzregister“. In dieses müssen die gesetzlichen Vertreter von Gesellschaften die wirtschaftlich Berechtigten der betroffenen Rechtsgebilde benennen, wenn sich die wirtschaftliche Berechtigung nicht bereits aus anderen Registern wie z. B. dem Handelsregister ergibt. Wirtschaftlich berechtigt ist diejenige Person, die mehr als 25 % des Kapitals oder der Stimmrechte beherrscht. Die Neuregelung wird insbesondere bei stillen Beteiligungen, Unterbeteiligungen und Stimmbindungsverträgen relevant.
Aufgrund hoher Bußgeldanforderungen besteht daher für jedes Unternehmen Prüfungsbedarf zur Erfüllung der neuen gesetzlichen Vorgaben.
Gefahren bei der Erstellung einer Überschuldungsbilanz
Bei der Erstellung der Aktivseite einer Überschuldungsbilanz können auf der einen Seite auch solche Positionen berücksichtigt werden, die in einer Handelsbilanz nicht aktiviert werden können (beispielsweise Goodwill). Auf der anderen Seite dürfen jedoch nur solche Posten aktiviert werden, die einen realisierbaren Vermögenswert darstellen.
Hierzu hat das OLG Hamburg (siehe auch: Aktueller Hinweis zum Insolvenz- und Gesellschaftsrecht) festgestellt, dass eine Forderung, die dem Grunde nach bestritten ist, nicht, auch nicht teilweise aktiviert werden darf: Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung darf eine Aktivierung nur insoweit erfolgen, als der Anspruch nicht „ernsthaft zweifelhaft" ist.
Ist dies der Fall - und dies wird immer dann zu bejahen sein, wenn seitens des Schuldners begründete Einwendungen gegen den Grund der Forderung vorgetragen werden -, darf die Forderung nicht auf der Aktivseite der Überschuldungsbilanz ausgewiesen werden.
Dies ist auch - unter Hinweis...
Erbrecht
Erlöschen der Verwandtschaft zur Mutter bei Adoption ihrer Kinder durch den Lebensgefährten
Leitsatz
1. Eine mit ihrem Partner weder verheiratete noch in einer Lebenspartnerschaft lebende Person kann dessen Kind nicht annehmen, ohne dass zugleich das Verwandtschaftsverhältnis zwischen ihrem Partner und seinem Kind erlischt.
2. Die in diesem Fall das Erlöschen des Verwandtschaftsverhältnisses anordnenden Regelungen der §§ 1741 Abs. 2, 1755 Abs. 1 BGB sind weder verfassungswidrig noch verstoßen sie gegen die Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten.
Sachverhalt
Die nicht miteinander verheirateten Antragsteller zu 1) und 2) begehren die Adoption der minderjährigen Kinder der Frau durch den Antragsteller zu 1) mit der Maßgabe, dass die Kinder die Stellung gemeinsamer Kinder der beiden Antragsteller erlangen. Die Antragstellerin zu 2) ist die leibliche Mutter der Kinder. Der leibliche Vater der Kinder ist im Jahre 2006 verstorben. Der Antragsteller zu 1) lebt seit 2007 mit der Kindesmutter in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft zusammen.
Das...
Anfechtung der Annahme der Erbschaft wegen Irrtums
Leitsatz
Auch nach der Neufassung des § 2306 Abs. 1 BGB mit Wirkung zum 1. Januar 2010 kann ein zur Anfechtung der Annahme einer Erbschaft berechtigender Irrtum vorliegen, wenn der mit Beschwerungen als Erbe eingesetzte Pflichtteilsberechtigte irrig davon ausgeht, er dürfe die Erbschaft nicht ausschlagen, um seinen Anspruch auf den Pflichtteil nicht zu verlieren.
Sachverhalt
Die verwitwete Erblasserin hatte vier Kinder, darunter die Beklagte; zwei Kinder waren vorverstorben. Der Kläger ist ein Enkel der Erblasserin. Diese hinterließ drei Testamente. In dem hier maßgeblichen Testament vom 18.04.2007 setzte sie die Beklagte zur Miterbin zu 1/4 ein und ordnete zugunsten des Klägers sowie seiner zwei Geschwister ein Vorausvermächtnis hinsichtlich eines Hausgrundstücks an, welches sie in einem Testament aus dem Jahre 2008 wiederum mit einem Untervermächtnis belastete. Der Kläger wurde zum Testamentsvollstrecker bestimmt.
Kenntnis von den letztwilligen Verfügungen erhielt die Beklagte im...
Zum Recht auf Entziehung des Pflichtteils
Orientierungssatz
1)
Ein Schuss mit einer Schreckschusspistole ins Gesicht des Stiefvaters berechtigt die Mutter zur Pflichtteilsentziehung.
2)
Zu den Voraussetzungen einer Verzeihung gemäß § 2337 BGB
Sachverhalt
Der Kläger begehrt im Wege der Stufenklage Auskunft über den Bestand des Nachlasses der im Jahre 2011 verstorbenen Erblasserin, seiner Mutter. Auch der Beklagte zu 1) ist ein Kind der Erblasserin, der Beklagte zu 2) und die Beklagte zu 3) sind durch Testament der Erblasserin eingesetzte Miterben zu je 1/3.
Mit notarieller Urkunde aus dem Jahre 1991 hat die Erblasserin den Kläger von der Erbfolge ausgeschlossen und ihm darüber hinaus den Pflichtteil entzogen. Die Gründe für die Pflichtteilsentziehung werden in der notariellen Urkunde ausführlich geschildert. U. a. geht es dabei um einen Vorfall am 21.08.1991. Nach Schilderung der Erblasserin drang der Kläger damals in die untere Wohnung im Hause der Erblasserin ein und erklärte der Bewohnerin dieser Wohnung, er wolle die...
Zur Verjährung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs aus § 2329 BGB bei gerichtlicher Feststellung der Vaterschaft (§ 1600 d BGB)
Sachverhalt
Die Klägerin macht gegen den von ihr verklagten Testamentsvollstrecker im Wege der Stufenklage einen Pflichtteilsanspruch geltend.
Die im Jahre 1951 geborene Klägerin ist die nichteheliche Tochter des bereits im November 1977 verstorbenen Erblassers. Die Vaterschaft des Erblassers wurde erst durch Beschluss des Amtsgerichts Krefeld vom 29.09.2014, der seit dem 04.11.2014 rechtskräftig ist, festgestellt. Außer der Klägerin hatte der Erblasser keine weiteren Abkömmlinge. Seine Ehefrau hat er durch Testament zu Alleinerben eingesetzt. Die Ehefrau ist im Jahre 2012 verstorben. Sie hatte mit notariellem Testament eine bis dahin nicht existente Stiftung von Todes wegen zu ihrer alleinigen Erbin eingesetzt.
Der verklagte Testamentsvollstrecker erhebt die Einrede der Verjährung. Das Landgericht hat die Verjährung bejaht und deshalb die Stufenklage insgesamt abgewiesen. Es hat ausgeführt, dass zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers im Jahre 1977 noch die Vorschrift des § 1934a...
Insolvenz- und Gesellschaftsrecht
Berücksichtigung einer bestrittenen Forderung in der Überschuldungsbilanz; Haftung des Geschäftsführers gemäß § 64 Satz 1 GmbHG
Der zitierten Entscheidung lag – zusammengefasst – der folgende Sachverhalt zu Grunde:
Der Kläger als Insolvenzverwalter nahm den Beklagten als (ehemaligen) Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin aus § 64 Satz 1 GmbHG auf Erstattung von Zahlungen in Höhe von insgesamt rund EUR 200.000 in Anspruch mit der Behauptung, diese Zahlungen seien nach Eintritt der Überschuldung der Insolvenzschuldnerin geleistet worden und nicht mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns vereinbar gewesen. Der Beklagte trat dieser Inanspruchnahme mit der Behauptung entgegen, zum Zeitpunkt dieser Zahlungen sei die Insolvenzschuldnerin nicht überschuldet gewesen, da u. a. eine von der Insolvenzschuldnerin gegen einen Drittschuldner erstinstanzlich geltend gemachte – von dem Drittschuldner aber in voller Höhe bestrittene – Forderung in der Überschuldungsbilanz der Insolvenzschuldnerin habe aktiviert werden dürfen. Der Klage wurde stattgegeben und die hiergegen eingelegte Berufung des Beklagten als...
Vorsicht bei Rechtsgeschäften mit einem Sanierungsgeschäftsführer
Im Rahmen der Sanierung von in Not geratenen Gesellschaften sind zunehmend Eigenverwaltungen mit einem Sanierungsgeschäftsführer zu verzeichnen.
Misslingt die Sanierung und fällt ein Gläubiger der Gesellschaft mit einer ihm zustehenden Forderung aus einem während der „Sanierungszeit" getätigten Rechtsgeschäft aus, liegt es nahe, über eine Haftung des Sanierungsgeschäftsführers ähnlich wie die eines Insolvenzverwalters nachzudenken.
Gemäß § 61 InsO ist ein Insolvenzverwalter zum Schadensersatz verpflichtet, wenn eine Masseverbindlichkeit, die durch eine Rechtshandlung des Insolvenzverwalters begründet worden ist, nicht erfüllt werden kann. Sache des Verwalters ist es, den Nachweis zu erbringen, dass er bei Begründung der Verbindlichkeit deren Ausfall nicht erkennen konnte.
Es liegt nahe, diese Regelung auf das Handeln eines Sanierungsgeschäftsführers zu übertragen.
Dieser Auffassung ist das OLG Düsseldorf in einem Urteil vom 07.09.2017, Az. I-16 U 33/17 - nicht rechtskräftig -...
Miet- und Wohnungseigentumsrecht
Wichtige Rechtsprechungsänderung zur Wirksamkeit der Übertragung von Schönheitsreparaturen im Rahmen eines Wohnraummietverhältnisses
Grundsätzlich ist es originäre Pflicht des Vermieters, während der Mietdauer für den Erhalt der Mietsache Sorge zu tragen, da nach § 535 Abs. 1 BGB der Vermieter die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten hat. Es entspricht allerdings weitgehender Praxis, dass diese Pflicht in Mietverträgen auf den Mieter übertragen werden soll. Dies ist insbesondere für sogenannte Schönheitsreparaturen gängige Praxis. Schönheitsreparaturen sind eine mindere Form der Instandhaltung. Sie haben lediglich dekorativen Charakter, betreffen also die äußere Ansehnlichkeit der Mietsache. Grundsätzlich ist es zulässig, die Pflicht zur Ausführung von Schönheitsreparaturen dem Mieter zu übertragen. Hierbei sind jedoch gewisse Einschränkungen zu beachten, die zur Unwirksamkeit einer Übertragungsklausel führen können. Es ist darauf zu achten, dass die Ausführungsfristen der vorzunehmenden Schönheitsreparaturen nicht „starr“ vereinbart sein dürfen. Die Ausführung muss an die objektive Erforderlichkeit geknüpft werden, und kann allenfalls einen flexiblen Fristenplan enthalten....
WeiterlesenSteuerrecht
Steuerliche (steuerstrafrechtliche) Folgen bei fingierten Betriebsausgaben
Wer kennt dies nicht: Ausgaben oder Anschaffungen, die eindeutig dem privaten Bereich zuzuordnen sind, werden - in der Hoffnung, dass dies nicht auffällt - als Betriebsausgaben gebucht. Zu diesem Zweck wird der Vertragspartner aufgefordert, Rechnungen mit fehlerhaftem Inhalt auszustellen oder aber Vorgänge, die dem privaten Bereich zuzuordnen sind (Leasing von Fahrzeugen, die ausnahmslos zu privaten Zwecken genutzt werden), werden wie selbstverständlich dem betrieblichen Bereich zugeordnet.
Bei den sich aus einer solchen Verfahrensweise ergebenden Folgen muss unterschieden werden zwischen den ertragsteuerlichen Gesichtspunkten (keine Geltendmachung als Betriebsausgabe, bei einer GmbH: Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung) und der strafrechtlichen Beurteilung.
Parallel zu der Entwicklung bei nicht versteuerten Kapitaleinkünften ist auch in diesem Bereich eine eindeutige Tendenz der Verwaltung und der Rechtsprechung zu erkennen, zukünftig diese Vorgänge nicht mehr in den...
Strafrecht
An die Würdigung eines Lichtbildes sind umso höhere Anforderungen zu stellen, je schlechter die Bildqualität ist
In seinem Beschluss vom 31.05.2017 hat sich der Bundesgerichtshof mit der Frage der Identitätsfeststellung anhand von Lichtbildern auseinander gesetzt.
Der Entscheidung lag der Fall des Landgerichts Hamburg zugrunde, dass sich zur Überzeugungsbildung, ob der Angeklagte der Täter einer ihm vorgeworfenen sexuellen Nötigung ist, auf einer in der U-Bahn aufgenommene Videoaufzeichnung stützte.
In den Urteilsgründen hatte das Landgericht als gewichtiges Indiz angeführt, dass die auf den Bildaufnahmen zu sehende „äußere Erscheinungsform (Größe), Kopfform und Gesichtsform“ mit dem Täter übereinstimmend seien.
In seinem Beschluss hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass die Mitteilung derart pauschaler Merkmale ohne die Auseinandersetzung mit weiteren Einzelmerkmalen des äußeren Erscheinungsbildes im Rahmen der Beweiswürdigung fehlerhaft ist. Darüber hinaus hat das Landgericht es zudem unterlassen, sich mit der „Ergiebigkeit des Bildes und seiner Eignung als Grundlage einer...