22 / 2022
Pfändbarkeit von Corona-Prämien
Nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg (Urteil v. 23.02.2022 – 23 Sa 1254/21) sind tarifliche Corona-Prämien pfändbar, jedenfalls dann, wenn die Auszahlung unabhängig von der tatsächlichen Belastung durch die Corona-Pandemie erfolgt. Das Urteil reiht sich ein in eine Vielzahl von Entscheidungen, wobei eine höchstrichterliche Entscheidung zu dieser Frage nach wie vor aussteht.
Bei Rückfragen:
RA Dr. Michael Bach (dr.bach@heimes-mueller.de)
Auskunftsverweigerung bei Rechtsmissbrauch
Nach Art. 15 DS-GVO haben Betroffene Anspruch auf Auskunft und eine Kopie der personenbezogenen Daten, die Gegenstand der Verarbeitung sind. In der Praxis wird dieser Anspruch vielfach genutzt, um sonstige Ansprüche – bspw. auf Rückzahlung unrechtmäßiger Bankentgelte oder zu Unrecht gezahlter Versicherungsprämien – mit den so erhaltenen Informationen geltend zu machen.
Die Frage, ob ein Auskunftsanspruch, mit dem nicht datenschutzrechtliche, sondern legitime, aber datenschutzfremde Zwecke verfolgt werden, rechtsmissbräuchlich ist und daher vom Verantwortlichen verweigert werden kann, ist u. a. in der Rechtsprechung umstritten. Der Bundesgerichtshof legte diese Frage nun dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur Vorabentscheidung vor (BGH, EuGH-Vorlage vom 29. März 2022 – VI ZR 1352/20 –). In diesem Beschluss äußerte der Bundesgerichtshof zugleich Zweifel daran, ob in diesen Fällen ein Rechtsmissbrauch vorliege, da der Wortlaut von Art. 15 DS-GVO eine solche Beschränkung nicht enthält.
Rechtssicherheit wird erst die Entscheidung des EuGH bringen, bis zu der es allerdings noch einige Zeit dauern wird.
Bei Rückfragen:
RA Patrick Steinhausen, LL.M. (steinhausen@heimes-mueller.de)
Gläubigerschutz für Zahlungen innerhalb der Zeit-räume nach COVInsAG, in denen die Pflicht zur Insolvenzantragstellung ausgesetzt war
Das Landgericht Hamburg (Urteil vom 08.03.2022 – 303 O 53/21) hatte die Frage zu entscheiden, ob die Privilegien für Gläubiger bei in der Vergangenheit ausgesetzter Insolvenzantragspflicht nach COVInsAG auch dann gelten, wenn ein Insolvenzantrag über das Vermögen der zahlenden Gesellschaft gestellt wurde. In dem zu entscheidenden Fall begehrt ein Insolvenzverwalter vom Gläubiger die Rückzahlung von Beträgen, die nach Insolvenzantragstellung einer GmbH von dieser auf fällige Forderungen geleistet wurden.
Diese Privilegien, die eine Anfechtung und damit Rückforderung ausschließen, sollen Kreditgeber, Gesellschafter und Gläubiger des ordentlichen Geschäftsverkehrs dazu motivieren, in der Sanierungsphase „an Bord zu bleiben“, etwa durch Lieferantenkredite. Die Tatsache der Insolvenzantragstellung zeigt nach Auffassung des Gerichts jedoch, dass die außerinsolvenzrechtlichen Sanierungsbemühungen nicht den erwünschten Erfolg gezeitigt haben und damit erhaltene Zahlungen nicht mehr von einer Anfechtung ausgeschlossen sein können. Das Ziel der Verhinderung eines Insolvenzverfahrens sei nicht mehr erreichbar, die Privilegien des COVInsAG daher nicht mehr anwendbar.
Höchstrichterlich ist diese Frage jedoch noch nicht geklärt, so dass die weitere Entwicklung abzuwarten sein wird.
Mindestlohn ist nicht vor Insolvenzanfechtung gesichert
Das Bundesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 25.05.2022
(6 AZR 497/21) entschieden, dass bei Insolvenz des Arbeitgebers der Insolvenzverwalter vom Arbeitnehmer das zu bestimmten Zeitpunkten gezahlte Arbeitsentgelt einschließlich des gesetzlichen Mindestlohns zugunsten der Insolvenzmasse zurückfordern kann. Der Mindestlohn ist nicht anfechtungsfrei gestellt.
Bei Rückfragen:
RA Dr. Michael Bach (dr.bach@heimes-mueller.de)
Unwirksame Verschwiegenheitsklausel / Whistleblowing als Rechtfertigung für Geheimnisverletzung
Nach dem Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen (GeschGehG) liegt nur dann ein gesetzlich geschütztes Geschäftsgeheimnis vor, wenn dieses Gegenstand von den Umständen nach angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen durch ihren rechtmäßigen Inhaber ist.
Bei der Beantwortung der Frage, ob die ergriffenen Geheimhaltungsmaßnahmen angemessen sind, kann nach dem Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht auch eine unwirksame, arbeitsvertragliche Verschwiegenheitsklausel zu berücksichtigen sein. Dies gilt vor allem dann, wenn die Verpflichteten von der Wirksamkeit der Verschwiegenheitsklausel ausgegangen sind, da es darauf ankommt, ob im Vorfeld sinnvolle und effiziente Schutzmaßnahmen ergriffen wurden (Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 28. April 2022 – 6 U 39/21 –).Das Gericht führt weiter aus, dass ein Geheimnisbruch durch einen Whistleblower nur dann gerechtfertigt sein kann, wenn der Whistleblower in der Absicht handele, das allgemeine öffentliche Interesse zu schützen; der Schutz von Individualinteressen ist nicht ausreichend.
Bei Rückfragen:
RA Patrick Steinhausen, LL.M. (steinhausen@heimes-mueller.de)