27 / 2022
EVB-IT Cloud am 01.03.2022 veröffentlicht
Bislang mussten öffentliche Auftraggeber bei der Beschaffung von Cloud-Leistungen (wie bspw. IaaS, SaaS, PaaS und MCS) auf individuelle Verträge und Vertragsbedingungen zurückgreifen, da es – anders als bei den übrigen IT-Leistungen – keine EVB (d. h. mit den Interessenverbänden der IT-Wirtschaft abgestimmte Vertragsbedingungen) gab. Diese Lücke im IT-Vergaberecht wurde nun mit den am 01.03.2022 auf der Website des CIO des Bundes (https://www.cio.bund.de) veröffentlichten EVB-IT Cloud geschlossen.
Öffentliche Auftraggeber, Cloud-Anbieter und IT-Dienstleister sollten sich mit diesen EVB-IT Cloud vertraut machen. Dies betrifft insbesondere die – erstmals in EVB-IT vorgesehene – Möglichkeit der Einbeziehung von Anbieter-AGB sowie die Regelungen zu Datenschutz und IT-Sicherheit.
Bei Rückfragen:RA Patrick Steinhausen, LL.M. (steinhausen@heimes-mueller.de)
Schmerzensgeld bei Verwendung von Videoaufnahmen
Nach der DS-GVO kann eine Einwilligung wirksam sein, wenn sie mündlich erteilt wurde. Anders ist dies im Arbeitsverhältnis bei Einwilligungen von Beschäftigten, denn diese müssen i. d. R. schriftlich oder elektronisch erteilt werden.
Werden Videoaufnahmen von Beschäftigten allein auf der Grundlage einer mündlich erteilten Einwilligung für eine Werbekampagne des Arbeitgebers im Internet veröffentlicht, stellt dies einen Datenschutzverstoß dar. Bereits dieser Datenschutzverstoß, d. h. die Verletzung einer Bestimmung der DS-GVO, führt nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein zu einem auszugleichenden Immateriellen Schaden; für einen Schmerzensgeldanspruch nach Art. 82 Abs. 1 DS-GVO sei die Darlegung eines (weiteren) von dem Beschäftigten erlittenen immateriellen Schaden nicht erforderlich (LAG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 01.06.2022 - 6 Ta 49/22). Damit folgt das LAG ausdrücklich der Einschätzung des Bundesarbeitsgerichts in seiner Vorlage zum EuGH (siehe BAG 26.08.2021 – 8 AZR 253/20).
Auch wenn das LAG nicht zu konkreten Höhe des Schmerzensgeldanspruchs entschied (der Rechtsstreit endete durch Vergleich), ging es davon aus, dass im konkreten Fall die Obergrenze für ein Schmerzensgeld bei 2.000 € lag.
Bei Rückfragen:RA Patrick Steinhausen, LL.M. (steinhausen@heimes-mueller.de)
Anpassung der Gewerberaummiete wegen Störung der Geschäftsgrundlage
Die durch die COVID-19-Pandemie bedingte Schließung eines Handelsgeschäfts führt zwar nicht zu einem Mangel der Mietsache. Es kommt jedoch, wie der BGH mit Urteil vom 12.01.2022 (XII ZR 8/21) entschied, im Falle der Geschäftsschließung infolge hoheitlicher Maßnahmen grundsätzlich ein Anspruch des Mieters von gewerblich genutzten Räumen auf Anpassung der Miete wegen Störung der Geschäftsgrundlage in Betracht, wobei maßgeblich die Umstände des Einzelfalles sind.
Bei Rückfragen: RA Dr. Michael Bach (dr.bach@heimes-mueller.de)
Anfechtbarkeit der Umwandlung einer Lebensversicherung in eine pfändungsgeschützte Versicherung?
Auf Antrag des späteren Insolvenzschuldners wurde die vorhandene Lebensversicherung in eine pfändungsfreie Versicherung umgewandelt. Bereits vor der beantragten Umwandlung hatte der Insolvenzschuldner Insolvenzantrag gestellt. Das zuständige Gericht eröffnete das Insolvenzverfahren 3 Tage nach der Bestätigung der Versicherung über die erfolgte Umwandlung. Der Insolvenzverwalter, der mit der Klage gegen die Versicherung die Zahlung des Rückkaufswerts der Lebensversicherung beansprucht, vertrat die Auffassung, die Umwandlung der Lebensversicherung sei insolvenzrechtlich anfechtbar. Er erklärte die Anfechtung der Umwandlung, kündigte diese und forderte die Versicherung auf, den Rückkaufswert an ihn auszukehren.
Das OLG Karlsruhe hat mit Urteil vom 10.01.2022 (3 U 30/21) die Berufung des Insolvenzverwalters zurückgewiesen und das klageabweisende Urteil des Landgerichts bestätigt. Verwiesen wird darauf, dass die Versicherungen vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens pfändungsfrei geworden seien und damit der Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters entzogen wurden. Die höchstrichterlich bisher nicht geklärte und umstrittene Frage, ob die Umwandlung von Lebensversicherungen in pfändungsfreie Verträge anfechtbar ist, entschied das OLG dahingehend, dass eine Insolvenzanfechtung der Umwandlung der Versicherungen gegenüber dem Versicherer im Ergebnis ausscheidet. Das Gericht begründet dies unter Abwägung der verschiedenen Auffassungen u.a. damit, dass aus dem Vermögen des Schuldners durch die Umwandlung nichts abgeflossen sei, da diesem der Wert der Versicherung weiter ungeschmälert zur Verfügung stehe, lediglich der Vollstreckungszugriff der Gläubiger werde verhindert. Zudem müsse etwas zumindest vorübergehend in das Vermögen der Versicherung gelangt sein, woran es fehle.
Ob diese Auffassung, wonach die Umwandlung der Versicherung auch im Falle der bereits eingetretenen Krise möglich bleiben soll, der Überprüfung durch den Bundesgerichtshof standhält, bleibt abzuwarten.
Bei Rückfragen: RA Dr. Michael Bach (dr.bach@heimes-mueller.de)