Vor dem Hintergrund der Äußerungen von Wirtschaftsminister Robert Habeck vom 12.07.2022 zur Priorisierung der Gaslieferungen auf der Grundlage der europäischen Verordnung, über die u.a. das Handelsblatt am 14.07.2022 berichtet hat (Dietmar Neuerer, Der Streit um die Zuteilung, Handelsblatt vom 14.07.2022, S. 7), zeigt sich, dass der Schutz von Wirtschaft und Industrie in den Fokus der weiteren Entwicklung rückt. Sollte es zu der befürchteten Einstellung der Gaslieferungen durch Russland kommen, droht die Feststellung der
3. Stufe, der sog. Notfallstufe, der Verordnung (EU) 2017/1938 des Europäischen Parlaments und des Rates vom
25. Oktober 2017 über Maßnahmen zur Gewährleistung der sicheren Gasversorgung und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 994/2010) (sog. „SoS-VO“) bzw. des Notfallplans Gas seitens der Bundesregierung. Dies könnte zur Folge haben, dass hoheitliche Maßnahmen zur Reduzierung bzw. Einstellung der Gasversorgung auch gegenüber Unternehmen ergriffen werden, um zugleich die Versorgung der sog. Geschützten Kunden (§ 53a EnWG) sicherstellen zu können.
Es dürften sich in diesem Fall vielfältige rechtliche Fragen für betroffene Unternehmen stellen, beginnend mit der Frage, ob das eigene Unternehmen zum Kreis der Geschützten Kunden zählt. Infolge der möglichen Einschränkung der eigenen Produktion bedarf es ggf. einer Überprüfung eigener handelsrechtlicher Lieferbeziehungen. Auch dürfte von Interesse sein, ob es rechtliche Möglichkeiten gibt, bereits vor dem Tätigwerden der Bundesnetzagentur den Erlass einer Abschaltverfügung gegenüber dem eigenen Unternehmen, bspw. im Wege einer Schutzschrift, zu verhindern. Die Wahrung möglicher Schadensersatzansprüche steht ebenso im Raum wie die Frage, welche Maßnahmen ein Geschäftsführer ergreifen muss, um mögliche aus der Abschaltung resultierende Schäden des Unternehmens zu vermeiden. Die weitere Entwicklung und Rechtsprechung bleiben abzuwarten.
Bei Rückfragen: RA Dr. Michael Bach (dr.bach@heimes-mueller.de)