Erleiden Kapitalanleger Verluste, weil die Kapitalanlage „abstürzt“ oder der Emittent insolvent wird, werden häufig Ansprüche gegen Wirtschaftsprüfer und sonstige Prüfer geltend gemacht, die für die Kapitalanlage bzw. den Emittenten Gutachten erstellt und Testate erteilt haben. Eine Haftung von solchen Prüfern kommt nach Maßgabe der sog. Expertenhaftung wegen einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung in Betracht. Ein solcher Sittenverstoß setzt eine besonders schwerwiegende Verletzung der Sorgfaltspflichten voraus,
d. h. der Prüfer muss aufgrund seines Expertenstatus ein besonderes Vertrauen für sich in Anspruch nehmen, selbst aber nicht im Mindesten den an einen Experten zu richtenden Maßstäben genügen (vgl. BGH, Urteil vom 12. März 2020 VII ZR 236/19 –). Ein derart unrichtiges Gutachten/Testat führt aber nur dann zu einem Schadensersatzanspruch, wenn dieses ursächlich für die Anlageentscheidung und damit für den eingetretenen Schaden war. Diese Ursächlichkeit wird
i. d. R. vermutet, wenn das Gutachten/Testat in einem Prospekt verwendet, das von Anlagevermittlern als Arbeitsgrundlage verwendet wird, oder wenn dieses Bestandteil eines veröffentlichten Unternehmensberichts ist (vgl. nur OLG München, Beschluss vom 13. Dezember 2021 – 3 U 6014/21 –).
Das LG Stuttgart (LG Stuttgart, Urteil vom 29. Juni 2022 – 27 O 268/21 –) hat eine solche Vermutung bei einem Gründungsgutachten des genossenschaftlichen Prüfungsverbandes für eine Genossenschaft (darin hieß es: „Eine Gefährdung der Belange der Mitglieder oder der Gläubiger […] ist aus heutiger Sicht nicht zu besorgen.“) ausgeschlossen. Begründet wurde dies damit, dass das Gründungsgutachten nicht veröffentlicht wurde und auch die Registereintragung der Genossenschaft nicht zu einer mittelbaren Veröffentlichung führe. Daher müsse der Ursachenzusammenhang vom Kläger dargelegt und bewiesen werden.
Bei Rückfragen: RA Patrick Steinhausen, LL.M. sen@heimes-mueller.de)