31 / 2022
Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie – erweiterte Möglichkeiten für Online-Beurkundungen
Am 01.08.2022 sind die Regelungen des Gesetzes zur Ergänzung der Regelungen zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie (DiREG) in Kraft getreten. Damit ist die Umsetzung der EU-Digitalisierungsrichtlinie und der Vorgaben der Single Digital Gateway-Verordnung in deutsches Recht abgeschlossen.
Die gesetzlichen Neuregelungen schaffen u. a. die Voraussetzungen für die notarielle Beurkundung von Willenserklärungen. Insbesondere sind nun möglich
- die Online-Gründung einer GmbH sowohl mittels Bargründung als auch mittels Sachgründung (sofern nicht die Übertragung der einzubringenden Gegenstände, wie bspw. Grundstücke, selbst beurkundungsbedürftig ist) und
- die Online-Beurkundung von Gesellschafterbeschlüssen zur Änderung von Gesellschaftsverträgen (einschließlich Kapitalmaßnahmen).
Daneben ist es nun sämtlichen Rechtsträgern – d. h. nicht mehr nur Einzelkaufleuten und Kapitalgesellschaften – möglich, Registeranmeldungen online beglaubigen zu lassen. Auch Anmeldungen zum Partnerschaft-, Genossenschafts- und Vereinsregister können nun online beglaubigt werden.
Bei Rückfragen:RA Patrick Steinhausen, LL.M. (steinhausen@heimes-mueller.de)
Verjährung der Haftung des Entleihers für Sozialversicherungsbeiträge in der Insolvenz des Verleihers
Nach § 28e Abs. 2 S. 1 SGB IV haftet für die vom Verleiher abzuführenden Sozialversicherungsbeiträge bei einem wirksamen Arbeitnehmerüberlassungsvertrag der Entleiher wie ein selbstschuldnerischer Bürge, soweit ihm Arbeitnehmer gegen Vergütung zur Arbeitsleistung überlassen worden sind.
Streitig war u.a. in dem seitens des Sozialgerichts München entschiedenen Fall, in dem die Entleiherin im Rahmen der sog. Entleiherhaftung für nicht bezahlte Gesamtsozialversicherungsbeiträge der insolventen Verleiherin (Urteil vom 05.10.2021 – S 28 KR 271/18) in Anspruch genommen wurde, in welcher Frist die Ansprüche in der Regel verjähren. Das Gericht bestätigte die vorherrschende Rechtsauffassung, wonach nicht die dreijährige Verjährungsfrist des BGB, sondern die vierjährige Verjährungsfrist des SGB IV gelte. Begründet wurde dies mit dem fehlenden zivilrechtlichen Vertrag im Verhältnis zwischen Einzugsstelle und Entleiher sowie der stattdessen gesetzlich angeordneten öffentlich-rechtlichen Mithaftung des Entleihers, die nur zum Umfang der Haftung auf das Zivilrecht verweise.
Dieses Urteil führt erneut die ohnehin großen Haftungsrisiken des Entleihers im Falle der Beschäftigung von Leiharbeitnehmern vor Augen.
Bei Rückfragen:RA Dr. Michael Bach (dr.bach@heimes-mueller.de)
Änderungen im Nachweisgesetz: Handlungsbedarf für Arbeitgeber
Das Nachweisgesetz verpflichtet Arbeitgeber dazu, die wesentlichen Arbeitsbedingungen eines Arbeitsverhältnisses schriftlich niederzulegen. In der Praxis wird diese Pflicht - im Regelfall - durch die Aushändigung eines schriftlichen Arbeitsvertrages erfüllt. Im Zuge der Umsetzung einer EU-Richtlinie, hat der deutsche Gesetzgeber wesentliche Änderungen des Nachweisgesetzes beschlossen, die am 01.08.2022 in Kraft getreten sind. Arbeitgeber treffen nun erweiterte Nachweispflichten.
Bedeutet: ab August 2022 müssen Arbeitsverträge zwingend eine Vielzahl weiterer zusätzlicher Angaben enthalten. Dazu zählen (u.a.):
- Zusammensetzung, Höhe, Fälligkeit der Vergütung
- Dauer der Probezeit
- vereinbarte Arbeitszeit, Ruhepausen, Ruhezeiten
- Möglichkeit der Anordnung von Überstunden
- Voraussetzungen für Anordnung von Überstunden
- Angaben zur betrieblichen Altersvorsorge
- das bei der Kündigung einzuhaltende Verfahren (Schriftformerfordernis, Fristen für die Kündigung, Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage)
Diese neuen Regelungen gelten für alle Arbeitsverhältnisse, die ab dem 01.08.2022 beginnen. Arbeitnehmer, die vor dem 01.08.2022 in das Arbeitsverhältnis eingetreten sind, müssen nicht unaufgefordert informiert werden. Diese „Alt-Arbeitnehmer“ können jedoch von ihrem Arbeitgeber die Aushändigung einer Abschrift der „neuen“ wesentlichen Vertragsbedingungen verlangen. Der Arbeitgeber muss diesem Verlangen innerhalb von 7 Tagen nach Eingang der Aufforderung nachkommen. Dies bedeutet nicht, dass ein neuer Arbeitsvertrag aufgesetzt werden muss. Hier genügt ein Informationsschreiben, das den Mindestinhalt nach Maßgabe der neuen Bestimmungen des Nachweisgesetzes wiedergibt.
Viele Arbeitsverträge dürften den neuen Anforderungen nicht genügen. Daher sollten Arbeitgeber ihre Muster-Arbeitsverträge dringend prüfen und entsprechend anpassen. Denn Verstöße gegen das Nachweisgesetz können nunmehr als Ordnungswidrigkeit behandelt werden und eine Geldbuße von jeweils bis zu 2.000 € nach sich ziehen.
Bei Rückfragen:RA Dr. Matthias Fries (fries@heimes-mueller.de)