Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in 2021 und 2021 seine Rechtsprechung zur Vorsatzanfechtung (§ 133 InsO) einer teilweisen Neuausrichtung unterzogen. Mit dieser Neuausrichtung hat er die Anforderungen an den Nachweis eines Benachteiligungsvorsatzes dahingehend erhöht, dass im Fall einer kongruenten Deckung allein aus einer drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht (mehr) gefolgert werden kann, dass der Schuldner mit Benachteiligungsvorsatz handelte (BGH, Urteil vom 6. Mai 2021 - IX ZR 72/20, juris).
Im Jahr 2022 befasste der BGH sich mit der Indizwirkung von Sanierungsversuchen des Schuldners. Im Ausgangspunkt spricht ein Sanierungskonzept dann gegen einen Benachteiligungsvorsatz, wenn es – aus der ex ante-Sicht – objektiv erfolgversprechend war. Andernfalls kommt es für den Benachteiligungsvorsatz darauf an, ob der Schuldner dies erkannt oder billigend in Kauf genommen hat. Dabei darf der Schuldner auf die Richtigkeit der Einschätzung eines Beraters vertrauen, sofern nicht hinreichende Anhaltspunkte bestehen, dass die Beratung den Anforderungen an ein erfolgversprechendes Sanierungskonzept nicht genügte.
In der ersten Entscheidung führt der BGH weiter aus, unter welchen Umständen ein Benachteiligungsvorsatz bei Zahlungen, die vor Beginn der Umsetzung des Sanierungskonzepts an einen Sanierungsberater geleistet werden, fehlt. Dies ist der Fall, wenn der Sanierungsversuch nicht von vorneherein aussichtslos ist und der Schuldner davon ausgeht, dass die Zahlung der Vergütung an den Sanierungsberater für die Prüfung der Sanierungsfähigkeit oder für die Sanierung selbst erforderlich ist (BGH, Urteil v. 03.03.2022 – IX ZR 78/20 –).
In der zweiten Entscheidung – hier ging es um Zahlungen an den Wirtschaftsprüfer – führte der BGH aus, dass der Gläubiger im Fall eines Sanierungskonzepts grds. vom Fehlen eines Benachteiligungsvorsatzes ausgehen darf. Dabei darf sich der Gläubiger auf schlüssige Angaben des Schuldners oder seines beauftragten Sanierungsberaters verlassen. Erst wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Gläubiger getäuscht werden soll, das Sanierungskonzept keine Aussicht auf Erfolg hat oder gescheitert ist oder der Schuldner die Sanierungsbemühungen eingestellt hat, entfällt der Vertrauensschutz. Verzögerungen bei der Umsetzung des Sanierungskonzepts allein genügen für den Wegfall des Vertrauensschutzes nicht (BGH, Urteil v. 23.06.2022 – IX ZR 75/21 –).
Die Neuausrichtung der Rechtsprechung des BGH dürfte zu einer Verbesserung der Verteidigungsmöglichkeiten gegen eine Vorsatzanfechtung führen. Allerdings wird es – wie immer – auf die Umstände des Einzelfalles ankommen.
Bei Rückfragen:RA Patrick Steinhausen, LL.M. (steinhausen@heimes-mueller.de), RA Dr. Michael Bach (dr.bach@heimes-mueller.de)