Kein Anspruch auf Grundauskunft für Rechtsinhaber mit großem Rechtestock
Um im Fall einer Verletzung von Urheberrechten einen Schadensersatzanspruch beziffern und damit als Zahlungsanspruch geltend machen zu können, ist der Verletzte regelmäßig darauf angewiesen, dass der Verletzer Auskünfte über die Urheberechtsverletzung erteilt. Einen solchen Auskunftsanspruch gewähren § 101 UrhG und § 242 BGB.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) sind diese Auskunftsansprüche nach ihrem Inhalt grundsätzlich auf die Erteilung von Auskünften über den konkreten Verletzungsfall beschränkt. Ein Anspruch auch über mögliche andere Verletzungsfälle besteht dagegen im Grundsatz nicht, da dies auf eine unzulässige Ausforschung hinausliefe.
Im Fall der Verwertungsgesellschaft GEMA ist anerkannt, dass dieser ein weitergehender Anspruch auf Grundauskunft zukommt. Diese Ausnahme von der im Grundsatz beschränkten Auskunftsanspruch liegt nach dem BGH im Wesen des Systems der Wahrnehmung von Urheberrechten durch Verwertungsgesellschaften begründet (d. h. treuhänderische Stellung der GEMA, gesetzlicher Wahrnehmungszwang, Masse und Vielfalt der übertragenen Urheberrechte). Hierdurch ist es für die GEMA schwieriger als für Urheber/originäre Rechtsinhaber, Urheberrechtsverletzungen aufzudecken, so dass eine wirksame Wahrnehmung der Belange der angeschlossenen Urheber durch die GEMA ohne den Anspruch auf Grundauskunft nicht möglich wäre.
Wie der BGH aktuell entschieden hat, steht einem Rechtsinhaber, der über einen großen Rechtestock gleichartiger Werke verfügt, von denen nachweisbar mehrere Werke von dem Verletzer unerlaubt verwendet wurden, ein solcher weitergehender Anspruch auf Grundauskunft nicht zu. Die Situation des Rechtsinhabers sei mit der der GEMA nicht vergleichbar, da der Rechtsinhaber seine Urheberrechte nicht treuhänderisch wahrnimmt und auch nicht einem nur unter erheblichen tatsächlichen Schwierigkeiten erfüllbaren Wahrnehmungszwang ausgesetzt ist (BGH, Urteil v. 28. Juli 2022 – I ZR 141/20 –, "Elektronischer Pressespiegel II", juris).
Sofern nicht ein Rechtsverhältnis zwischen dem Rechtsinhaber und dem Verletzter besteht, welches durch ein jahrelanges enges Näheverhältnis geprägt ist (ein solches kann einen weitergehenden Auskunftsanspruch aus § 242 BGB begründen), steht dem Rechtsinhaber nur der inhaltlich beschränkte Auskunftsanspruch des § 101 UrhG zu (so BGH a. a. O.).
Wer als Verletzer von Urheberrechten auf Auskunft in Anspruch genommen wird, sollte vor Erteilung der Auskunft prüfen, ob der geltend gemachte Auskunftsanspruch mit den Vorgaben der Rechtsprechung in Einklang steht. Jedenfalls dann, wenn die geltend gemachte Auskunft auf eine Ausforschung hinausläuft, sollte fachkundige Beratung in Anspruch genommen werden.
Bei Rückfragen:RA Patrick Steinhausen, LL.M. (steinhausen@heimes-mueller.de)